OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen (Archiv)
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Die OECD hat ihre Leitsätze für multinationale Unternehmen im Jahr 2000 neu gefasst. Diese Leitsätze stellen eine gemeinsame Empfehlung der teilnehmenden Länder und Regierungen (neben den 30 OECD-Mitgliedern zur Zeit auch Argentinien, Brasilien, Chile, Estland, Israel, Lettland, Litauen, Rumänien und Slowenien) an die in ihren Ländern oder von ihren Ländern aus operierenden multinationalen Unternehmen für verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten dar. Die Leitsätze bilden einen auf Freiwilligkeit basierenden Rahmen für sozial verantwortliches unternehmerisches Verhalten. Ziel ist es, den positiven Beitrag von Investitionen zum Gemeinwohl zu erhöhen und eine Atmosphäre des Vertrauens zwischen Unternehmen, Arbeitnehmern, Regierungen und der Gesellschaft als Ganzes zu schaffen.
Die Leitsätze umfassen zum Einen die Allgemeinen Grundsätze wie Achtung der Menschenrechte, Förderung des Humankapitals oder Unterstützung und Beachtung guter Corporate-Governance-Grundsätze.
Zum Anderen werden für einzelnen Handlungssektoren konkretisierte Leitsätze vorgegeben, wie z.B.:
- Offenlegung von Informationen: Die Unternehmen werden z.B. dazu angehalten, auch bei Informationen nicht finanzieller Art, gegebenenfalls einschließlich Umwelt- und Sozialinformationen, hohe Qualitätsstandards anzuwenden. Die Unternehmen werden des weiteren dazu angehalten, ergänzende Informationen, namentlich folgender Art, mitzuteilen: Für die Öffentlichkeit bestimmte Erklärungen über Grundsätze oder unternehmerische Verhaltensregeln, einschließlich von Informationen über die Unternehmenspolitik in Sozial-, Ethik- und Umweltfragen, sowie andere Verhaltenskodizes, zu denen sich das Unternehmen bekennt.
- Beschäftigung und Beziehungen zwischen den Sozialpartnern: Die Unternehmen sollten bei ihrer Tätigkeit z.B. soweit irgend möglich einheimische Arbeitskräfte beschäftigen und für Fortbildungsmaßnahmen zur Anhebung des Qualifikationsniveaus sorgen, und zwar in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern und gegebenenfalls den zuständigen Behörden.
- Umwelt: Die Unternehmen sollten insbesondere ein auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittenes Umweltmanagementsystem einrichten und aufrechterhalten, das u.a. die Sammlung und Evaluierung zweckdienlicher, aktueller Informationen über mögliche Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Umwelt, Gesundheit und Sicherheit und eine Aufstellung messbarer Ziele und gegebenenfalls spezifischer Zielvorgaben für die Verbesserung der Ergebnisse im Umweltbereich sowie regelmäßige Überprüfungen der fortgesetzten Gültigkeit dieser Ziele vorsieht.
- Verbraucherinteressen: Die Unternehmen sollten bei ihren Beziehungen zu den Verbrauchern faire Geschäfts-, Vermarktungs- und Werbepraktiken anwenden und alle zumutbaren Maßnahmen treffen, um die Sicherheit und Qualität der von ihnen angebotenen Güter oder Dienstleistungen zu gewährleisten.
Fünf Jahre nach Neufassung der Leitsätze wurde am 21.9.2005 der Jahresbericht aller Unterzeichnerstaaten veröffentlicht. Wichtige neue Entwicklungen sind:
- Verstärkte Anwendung der Leitsätze bei der Mediation konkreter Fragen der Geschäftsethik: So gingen bei den nationalen Kontaktstellen 106 Anfragen von Gewerkschaften, NGO und Unternehmen nach einer solchen Mediation ein; in 72 Fällen wurde die nationale Kontaktstelle aktiv.
- Verstärkte Nutzung der Leitsätze durch Regierungen beim Dialog mit Unternehmen in Fragen der Unternehmensverantwortung, z.B. bzgl. Exportkrediten und Investitionsgarantien. So nutzen eine Reihe von Ländern ihr Netz an Botschaften zur Verbreitung und Umsetzung der Leitsätze.
- Verstärktes Interesse von Entwicklungsländern an den Leitsätzen; so bekundeten u.a. Indien, China und Südafrika ihr Interesse an einer engeren Zusammenarbeit mit der OECD.
OECD Risk Awareness Tool for Multinational Enterprises in Weak Governance Zones - Handreichung für Unternehmen, die in fragilen Staaten tätig sind (pdf, 636 kB, engl.
Defizite in der Umsetzung
In einer gemeinsamen Pressemitteilung von Germanwatch, OECD Watch und SÜDWIND vom 22.9.2005 weisen die drei NGOs auf Defizite bei der Umsetzung der Leitsätze hin:"Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sind kein ausreichendes Instrument, um unternehmerisches Fehlverhalten zu ahnden. Dies folgert OECD Watch in seinem Bericht "Fünf Jahre danach: Eine Bilanz der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und der Nationalen Kontaktstellen", der heute während der Sitzung des Investment Komitees der OECD in Paris veröffentlicht wurde. Das weltweite Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) fordert verbindliche internationale Sozial- und Umweltstandards für Unternehmen, um deren Vergehen insbesondere in Entwicklungsländern zu unterbinden. Kurzfristig fordert OECD Watch von den OECD-Regierungen konkrete Maßnahmen für eine effektive Umsetzung der bestehenden Leitsätze."
- Mehr dazu auf der Germanwatch-Webseite unter dem Titel Internationale NGO-Koalition fordert strengere Regeln für multinationale Konzerne.