Aachener Stiftung Kathy Beys

Nachhaltigkeit in der Stadtplanung

Was ist eine nachhaltige Stadt ?

Basierend auf den drei Säulen der Nachhaltigkeit können für die nachhaltige Stadtplanung drei Grunddimensionen festgelegt werden. Die Rede ist von einer ökonomischen Effizienz bei der Nutzung von Entwicklungsressourcen, von einer sozialen Gerechtigkeit in der Verteilung von Entwicklungserfolgen und deren Kosten, sowie zukunftsbelastende Entwicklungen. Dabei ist Nachhaltigkeit kein statischer Zustand, sondern dynamisch mit einer ständigen Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen. Damit diese Anpassungsfähigkeit erreicht wird, müssen die menschlichen Bedürfnisse in ein Gleichgewicht mit den Kapazitäten der globalen Ressourcen gebracht werden. Darüber hinaus stellt nachhaltige Entwicklung ein Konzept dar, welches die Interaktionen zwischen verschiedenen Ebenen der Nachhaltigkeit berücksichtigt.

Zentrale Elemente einer nachhaltig geplanten Stadt sind ein geringer Energieverbrauch, die nachhaltige Nutzung des Raumes und die möglichst geringe Produktion von nicht verwertbaren Materialien. Diese drei Ziele der nachhaltigen Stadtplanung bereiten jedoch auch die größten Probleme. Angesichts neuester Trends wandert ein Großteil der Bevölkerung vom Land in die Stadt. Der urbane Raum expandiert da mehr Wohn- und Geschäftsfläche geschaffen werden müssen. Mit steigenden Bevölkerungszahlen der Städte geht ein zunehmender Energieverbrauch einher. Zudem werden automatisch mehr Abfälle produziert. Die Aufgabe der nachhaltigen Städteplanung ist es nun diese Probleme in den Griff zu bekommen. Ansätze sind hier zum Beispiel ein gut ausgebautes Verkehrsnetz für den ÖPNV, eine regelmäßige Müllentsorgung und architektonische sowie stadtplanerische Innovationen die der Städtischen Bevölkerung Wohnräume ermöglichen, ohne dem ländlichen Raum zu schaden. Um die Ziele der nachhaltigen Stadtplanung zu verwirklichen, werden einzelne Viertel oder ganze Stadtteile zu "Laboratorien". An ihnen werden neuste Ideen zur Nachhaltigkeit getestet. Ein prominentes Beispiel ist Masdar in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Hier soll auf 6,5 km² eine komplette Stadt entstehen. Zeitpunkt der Fertigstellung soll 2025 sein. Die Bauweise der Stadt soll an die klimatischen Bedingungen angepasst sein. Zudem soll die ganze Stadt als Auto-freie Zone ausgewiesen werden.

Allerdings muss beachtet werden dass das System der Nachhaltigkeit nicht für jede Stadt vereinheitlicht werden kann. So beeinflusst die gegebene Umwelt an einem Standort die Nachhaltigkeit. Gemeint sind hier nicht nur naturräumliche Gegebenheiten, sondern auch kulturelle und soziale Disparitäten, die berücksichtigt werden müssen. In diesem Kontext spielen auch der Klimawandel, der demographische Wandel sowie Gentrification-Prozesse und die Ausdehnung der Städte eine wichtige Rolle. Insbesondere letzteres bedarf im System der Nachhaltigkeit wichtigen Kontrollen da das Umland bzw. die Umwelt häufig unter der Verstädterung zu leiden hat. Das Konzept einer nachhaltigen Stadt muss zudem die Frage nach den menschlichen Bedürfnissen heute und in Zukunft in den Vordergrund stellen. Welche dieser Bedürfnisse letztendlich legitim und welche verzichtbar sind, ist kulturell und individuell unterschiedlich. Auch sind nachhaltige Städte nicht vor Verfall und Untergang gefeit. Ein Beispiel ist das Projekt Huangbaiyu in China, das seit bereits seit langem sang und klanglos versunken ist.

Die ersten Projekte zu vollständig nachhaltigen Städten oder Stadtvierteln sind bereits in der Entwicklung. Schon bestehende Siedlungen werden anhand von Indikatoren, die aus dem Agenda-21 Prozess hervorgehen auf ihre Nachhaltigkeit überprüft. Die Diskussion über echte Nachhaltigkeit im urbanen Kontext dürfte trotzdem noch eine Weile weitergehen.

Konzept der nachhaltige Stadt am Beispiel europäischer Städte

Kopenhagen

Einer der Vorreiter in der nachhaltigen Stadtplanung findet man in Kopenhagen. Gefühlt gibt es nirgendwo mehr Zweiradmobilität als in Kopenhagen. Bereit zwischen den Jahren 1996 und dem 2004 fiel die Zahl der Autofahrer von 42 Prozent auf 26 Prozent. Zudem übersteigt die Zahl der Radler in Kopenhagen mit 36 Prozent mittlerweile die Zahl der PKW-Nutzer. Darüber hinaus kombinieren sich nachhaltige Projekte mit einer kühnen Mehrfachnutzung. So soll bis 2016 in Kopenhagens Innenstadt eine 100 Meter hohe und mehrzweckfähige Müllverbrennungsanlage installiert werden, in der städtischer Müll recycelt werden soll. Genutzt werden kann dieses grüntechnologische Wunderwerk zudem im Sommer als Parkanlage und im Winter als Skihang.
Trends wie Big Data und das Internet der Dinge machen aus dem städtischen Raum eine intelligente Oberfläche für die Inszenierung von Großstadtleben. Aber gerade an der Entwicklung von Kopenhagens
„Finger Plan“
lässt sich gut ablesen, was kluge Stadtplanung ausmacht.

Hannover

Kronsberg ist ein Stadtteil Hannovers und befindet sich nahe des ehemaligen EXPO-2000 Geländes. Leitidee war hier die Bebauung des Geländes vor dem Gesichtspunkt des ökologischen Wohnungsbaus. Insgesamt sollten 1100 Wohnungen der Siedlungen für die Mitarbeiter der EXPO zur Verfügung stehen und danach normal vermietet werden. Beim Bau des Stadtteils wurde viel Wert auf ein ökologisches Energie- und Wasserkonzept gelegt. So wurden beim Bau meist konventionelle Wärmedämmstoffe verwendet. Darüber hinaus achtete man auf eine niedrige Bauweise, kontrollierte Wohnungslüftung sowie auf die Nahwärme aus zwei Blockheizkraftwerken, um Energie- und Heizkosten zu minimieren. Das Regenwasser wird zudem in einem Mulden-Rigolen-System gesammelt und dadurch dezentral zurückgehalten bzw. zeitverzögert in den Untergrund eingeleitet. Um den Wasserverbrauch der Gebäude, bzw. der Bewohner zu kontrollieren, sind die Gebäude mit wassersparenden Armaturen und Sanitäreinrichtungen ausgestattet.

Freiburg

Das Eco-Viertel Vauban in Freiburg ist eines der weltweit ersten Projekte seiner Art. Es wurde ab 1996 auf dem Gelände einer ehemaligen französischen Kaserne entwickelt und ist etwa 42 Hektar groß. Die Gebäude sind nach dem Freiburger Niedrigenergie-Standard errichtet worden. Die meiste Energie beziehen die Haushalte aus den Solardächern der Plusenergie-Häuser von denen es 100 Einheiten in der Siedlung gibt. Ein Teil der Häuser sind mit Ecosan-Abwassertechnologie ausgerüstet und besitzen Vakuumtoiletten.
Die Straßenbahn sorgt für den entsprechenden Anschluss des Viertels an den Freiburger Kern. Das Viertel selber ist komplett autofrei. Wer trotzdem ein Auto besitzt, kann für 18.000 Euro einen Stellplatz in einem der zwei Parkhäuser erwerben, die sich am Ende des Viertels befinden. Zudem existiert ein mit Holzhackschnitzeln befeuertes Blockheizkraftwerk, das ein modernes Nahwärmesystem ermöglicht.

Weitere Beispiele für Nachhaltigkeitsprojekte in der Stadtplanung auf globaler Ebene finden sie hier:

Malmö in Schweden
Abuja Green City in Nigeria
Arcosanti in Arizona
Masdar City in den Vereinigten arabischen Emiraten
Gujarat International Finance Tec-City in Indien
Hung Shui Kiu in Hong Kong
Gwanggyo in Südkorea
Greater Taree in Australien

Dokumente

Nachhaltige Stadtentwicklung
Richtlinie zur nachhaltigen Stadtentwicklung
Städtische Räume. Probleme und Ansätze nachhaltiger Stadtentwicklung

Interne Links

Externe Links

EFRE-Programm zur nachhaltigen Stadtentwicklung (NSE)
Lokale Agenda 21, München
Nachhaltige Stadtentwicklung

Schlagworte

Agenda , Architektur, Konzept, Stadtentwicklung, Stadtplanung

Letzte Aktualisierung

18.11.2015 09:55

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