Nachhaltige Mobilität
Einleitung
Vom Verkehr gehen erhebliche Belastungen für die Umwelt und Gefahren für die menschliche Gesundheit aus. Gleichzeitig ist Mobilität aber auch eine zentrale Voraussetzung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung moderner Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften. Insbesondere vor dem Hintergrund der prognostizierten stark wachsenden Verkehrsleistungen stellen die Umweltwirkungen des Verkehrs eine Herausforderung für die Akteure auf allen Ebenen dar.Grundlegendes Ziel einer modernen Verkehrs- und Umweltpolitik muss es daher sein, die gesellschaftlich notwendige Mobilität möglichst umweltverträglich zu gestalten. Dafür müssen Strategien und Konzepte entwickelt werden, mit denen die Mobilitätsbedürfnisse im Individual- wie im Güterverkehr so befriedigt werden, dass sie mit den Anforderungen an eine nachhaltige, also auf Dauer tragfähige, Entwicklung vereinbar sind. Nachhaltige Mobilität geht dabei weit über den effizienteren Einsatz von Transportmitteln hinaus. Sie beinhaltet wichtige Kriterien des Klimaschutzes. So bedeutet nachhaltige Mobilität eine Verringerung von Emissionen, aber auch einen geringeren Ressourcenverbrauch. Gemeint ist zum Beispiel ein reduzierter Flächenverbrauch von Transporteinrichtungen welcher wiederum zum Klimaschutz beiträgt, indem Grünflächen erhalten bleiben. Neben den klimaschützenden Elementen der nachhaltigen Mobilität sind soziale Faktoren von zentraler Bedeutung. Eine Minderung des Lärms würde zum Beispiel Konflikte zwischen Verursachern und Betroffenen vermeiden. Zudem würde "Mobilität für alle" das Gerechtigkeitsziel verfolgen. Aus ökonomischer Perspektive wird Mobilität durch entsprechende verkehrspolitische Maßnahmen nachhaltiger.
Aktuelle Trends im Themenfeld Mobilität
Zunehmendes Mobilitätsbedürfniss der Bevölkerung: Menschen sind immer häufiger "auf Achse". Statistisch betrachtet, haben die Europäer im Jahr 2010 rund 5,6 Billionen Personenkilometer zurückgelegt – per Pkw, Bus und Bahn, mit Flugzeugen und Schiffen. Gesamtheitlich betrachtet hat der Personenverkehr in den EU-Ländern seit 1990 um ein Drittel zugenommen. In Zukunft wird sogar ein Anstieg bis 2030 erwartet. Nach Prognosen der Europäischen Kommission ist mit 29 Prozent Zunahme im Personenverkehr zu rechnen. Der größte Teil dieser Mobilitätsleistung wird mit dem Auto bestritten. Bereits 55 Prozent der über 14-Jährigen in der EU nehmen in ihrem Alltag am motorisierten Individualverkehr teil indem sie ein Auto oder Motorrad nutzen. Lediglich 22 Prozent nutzen für ihre täglichen Wege öffentliche Verkehrsmittel, weitere 20 Prozent gehen zu Fuß oder nehmen das Rad (Quelle: Europäische Kommission: Future of Transport, 2011).Mobilität wird teurer: Laut dem Statistischem Bundesamt gaben die Verbraucher 2010 für den Verkehr innerhalb Deutschlands insgesamt 185,8 Milliarden Euro aus. Im Vergleich dazu wahren es zehn Jahre zuvor noch 157,7 Milliarden Euro. Ausgaben vom Auto bis zum Zugverkehr beanspruchen knapp 14 Prozent der gesamten Konsumausgaben privater Haushalte. So sind die Kosten für den Kauf und die Unterhaltung von Autos rapide angestiegen, sogar stärker als die Lebenshaltungskosten insgesamt. So ist Autofahren in Deutschland seit dem Jahr 2000 über 25 Prozent teurer geworden. Noch drastischer fällt der Kostenanstieg bei ressourcenschonenden Mobilitätsdienstleistungen aus, vor allem im Schienen- und Verbundverkehr. Die Preise der Verkehrsverbünde im Jahr 2010 lagen 45 Prozent über dem Niveau von 2000.
Urbanisierung beeinflusst Mobilität: Ein Trend der Gegenwart ist die zunehmende Zahl der städtischen Bevölkerung. Immer mehr Städte wachsen zu Megacitys heran. Die oft mehr als 20 Millionen Einwohner sorgen für ein enormes Verkehrsaufkommen auf engstem Raum. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) gewinnt hier enorm an Bedeutung. Nach Prognosen der Internationalen Gesellschaft für Öffentlichen Personenverkehr wird sich der Marktanteil des ÖPNV bis 2025 im Vergleich zu 2009 weltweit verdoppeln. Schon heute geht es in vielen Städten mit dem Fahrrad im Schnitt schneller als mit dem Auto. Die optimale Verknüpfung des öffentlichen Verkehrs mit dem Fuß- und Radverkehr und dem Individualverkehr wird auch in Zukunft eine der großen Herausforderungen sein. Um diese Hürde zu nehmen haben bereits viele Städte der UN-Dekade zukunftsweisende Mobilitätskonzepte entwickelt.
Zunehmender Carsharing-Sektor: Im mobilen Alltag behält das Auto zwar seine Bedeutung, der reine Besitz ist aber weniger wichtig geworden. So rückt der Nutzen immer weiter in den Vordergrund. Das drückt sich unter anderem im stetigen Wachstum der Carsharing-Branche aus. Laut dem Bundesverband CarSharing nutzten Anfang 2011 deutschlandweit über 190.000 Kunden rund 5.000 Fahrzeuge. In diesem "Nutzen-statt-besitzen-Markt" wird ein weiteres Wachstum erwartet. Zudem werden übermotorisierte, spritschluckende Pkw durch verbrauchsärmere ersetzt. Auch die Notwendigkeit des Zweit- und Drittwagens muss überdacht und die Zahl der Autofahrten pro Tag reduziert werden. Kürzere Wege werden öfter mit dem Fahrrad oder zu Fuß erledigt. Durch diese Trends entsteht ein Markt für Innovationen, auf dem kosten- und preissensible Mobilitätskunden entsprechende Produkte suchen. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird es darum gehen, die zunehmende Mobilität auf eine ökologisch tragfähige Basis zu stellen.
Nachhaltige Mobilität als Lifestyle: Der frühe Erfolg Elektro-Autos zeigt, dass sich immer mehr Menschen in ihrem Mobilitätsverhalten umweltgerecht inszenieren wollen. Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeitsorientierung werden zum Lifestyle, auch und gerade im Mobilitätskonsum. Der ökosoziale Mehrwert von Mobilitätsprodukten und Services wird zum neuen Prestigefaktor und bekommt als Kaufargument zunehmend Bedeutung.
Herausforderungen der Mobilität
- Klimaschutz: Ein Großteil der Schadstoffemissionen hat seinen Ursprung im Verkehrssektor. Knapp 20 % der Treibhausgasemissionen stammen aus dem Verkehrssektor, der damit erheblich zum Klimawandel beiträgt. Zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele in Deutschland wird der Verkehr zukünftig einen deutlichen Reduktionsbeitrag liefern müssen.
- Luftschadstoffe: Die vom Verkehr ausgehenden Emissionen an Stickoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) und kanzerogenen Stoffen (Dieselruß, PAK und Benzol) konnten in den vergangenen Jahren deutlich reduziert werden. Dies ist angesichts des deutlichen Verkehrsmengenwachstums ein sehr beachtlicher Erfolg. Dennoch sind zur Erreichung vorgegebener Luftqualitätsziele weitere Reduktionen notwendig.
- Lärm: Die Lärmbelästigung befindet sich seit Jahren auf einem gleichbleibend hohem Niveau. Etwa 60 % der Bevölkerung fühlt sich allein durch den Straßenverkehrslärm gestört, ein beträchtlicher Teil davon ist sogar potenziell gesundheitsschädlichen Lärmpegeln ausgesetzt. Die Problemschwerpunkte sind in Ballungsräumen - mit dem Straßenverkehrslärm als wichtigster Quelle - zu finden und nachts entlang des mit Güterverkehr belegten Hauptnetzes der Bahn sowie in der Umgebung von Flughäfen.
- Schutz von Natur- und Landschaftsräumen: Die Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungen und Verkehr betrug im Zeitraum 2001–2004 durchschnittlich 115 Hektar pro Tag. Zur Erreichung des Ziels der Nachhaltigkeitsstrategie von 30 Hektar pro Tag sind auch im Verkehrsbereich weitere erhebliche Anstrengungen notwendig. Zudem haben gerade lineare Verkehrswege eine besondere Zerschneidungswirkung für Natur- und Landschaftsräume.
- Städtische Lebensqualität: Die positiven und negativen Auswirkungen des Verkehrs tangieren wie in kaum einem anderen Politikbereich gleichzeitig ökologische und ökonomische, sowie teilweise auch soziale Fragen. Besonders verdichtet treten diese Folgen in Städten und Ballungsräumen auf. Infolge der Verdichtungsprozesse sind die Auswirkungen hier mehr als die Summe der oben genannten Probleme, da sie die Lebensqualität der Anwohner bestimmter Verkehrswege determinieren können.
Wie kann eine nachhaltige Mobilität erreicht werden ?
Im Rahmen der Verkehrspolitik kann Nachhaltigkeit in der Mobilität durch verschiedene Maßnahmen erzielt werden. Eine Verkehrsvermeidung durch das Prinzip der kurzen Wege und entsprechende Festlegungen im Rahmen der Landesplanung ist ein erster Schritt in Richtung Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Auch die Steigerung des Radverkehrsanteils im Bereich Nahmobilität ermöglicht das Erreichen dieses Ziels. Zudem würde die Flexibilität des Verkehrs dadurch an Zuwachs gewinnen. Oberste Maßnahme sollte aber ein optimiertes Gesamtverkehrssystem und eine Mobilitätsstrategie mit dem Ziel bestmöglicher Kombination der Verkehrsträger sein. Soweit dies möglich ist, könnten zudem die Verkehrsträger durch den Beitrag der Binnenschifffahrt entlastet werden. Wichtig ist jedoch, dass eine rechtzeitige Entscheidung über die Höhe der Leistungen ab 2014 im öffentlichen Verkehr nach dem Entflechtungsgesetz, bzw. über eine Nachfolgeregelung getroffen wird.Konkurrenz belebt das Geschäft- frei nach diesem Motto kann eine konsequente Wettbewerbspolitik durch Ausschreibung von Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr ebenfalls einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Notwendig ist aber auch eine weitere Verbesserung bei den Fahrgast- und Fluggastrechten und die Weiterentwicklung von Benutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit im Verkehr.
Weitere Maßnahmen die den gegenwärtigen Zustand der Mobilität positiv beeinflussen können, sind im Ausbau innovativer Technologien im Verkehr anzusiedeln. Im Zentrum sollte auch hier die Förderung von gesteigerter Energieeffizienz und CO2-Emissionsminderungen stehen. Bezogen auf die Reduzierung von CO2-Emissionen ist eine Weiterentwicklung der Elektromobilität im Rahmen der Zukunftsoffensive Elektromobilität mit den Schwerpunkten:
1. Ausbau der bayerischen Forschungslandschaft
2. Förderung von Modellregionen und Modellstädten
3. Neue Schwerpunktsetzung im Rahmen der bayerischen Cluster-Strategie „Automotive“
4. Unterstützung von Leuchtturm-Projekten
5. Maßnahmenpaket zur schnellen Markteinführung der Zukunftsstrategie „Aufbruch Bayern“ verstärkten Einsatz und die Weiterentwicklung von Biokraftstoffen sinnvoll.
Auch der Ausbau der Verkehrstelematik ist im Sinne der Nachhaltigkeit notwendig. Der „Rahmenplan Verkehrsmanagement Bayern 2015“ mit Maßnahmenpaketen für eine störungsfreie, umweltgerechte und damit nachhaltige Verkehrsgestaltung ist dabei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Realisierung eines „durchgängigen elektronischen Fahrgastinformations- und Anschlusssicherungs-Systems“ (DEFAS BAYERN) mit Verkehrsmittel übergreifender Nutzung von Echtzeitdaten würde zudem den Verbraucher unterstützen und dazu beitragen anstelle des eigenen Autos, den ÖPNV zu nutzen.
Die Nachhaltigkeit beim Carsharing liegt im Lebenszyklus der Transportmittel. Die Nutzung eines Fahrzeugs durch mehrere Personen bedeutet, dass weniger Fahrzeuge für die gleiche Mobilitätsleistung benötigt werden. Damit verringert sich der Rohstoff- und Energieverbrauch da folglich weniger Autos produziert und unterhalten werden müssen. Hiermit einher geht zudem ein klimaschützender Effekt und eine herabsenkung der benötigten Parkflächen.
Dokumente
Nachhaltige Mobilität durch Innovationen im GüterverkehrWasserstoff-Infrastruktur Für Eine Nachhaltige Mobilität
Nachhaltige Mobilität
Interne Links
- BMVBW: Verkehr, Bau und Bahn
- BMZ: Nachhaltigkeit im Straßenverkehr
- Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
- Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Energieeinsparungsverordnung
- EU Nachhaltigkeitsstrategie: Verkehr und Flächennutzung
Externe Links
Viele Informationen zum Thema Carsharing und nachhaltiger Mobilität erhalten Sie unter: http://carsharing-infos.com/BMU Nachhaltige Mobilität
Modellregion für Nachhaltige Mobilität
Öko-Institut: Nachhaltige Mobilität
Zeit: Nachhaltige Mobilität hilft auch der Konjunktur
Mobilität, Verkehr und Stadtentwicklung