Nachhaltiger Verkehr
Einleitung
Heutzutage ist ein Leben ohne Mobilität und Verkehr nicht mehr vorstellbar. Für die Menschen sind Transportmittel unerlässlich geworden, einerseits um zur Arbeit oder in den Urlaub zu gelangen, andererseits für den Krankentransport oder die Verteilung von Gütern und Dienstleistungen. Doch durch die Mobilität, verbrauchen die Transportmittel energetische Rohstoffe, die meist klimaschädliches CO2 freisetzen. Außerdem werden zusätzlich Luftschadstoffe und Lärm emittiert.Transportmittel brauchen ebenfalls Verkehrswege und Parkflächen, was dazu führt, dass empfindliche Lebensräume in der Natur beeinträchtigt werden und die Landschaft in Mitleidenschaft gezogen wird. Ein negativer Nebeneffekt des Verkehrs auf den Straßen von Deutschland sind die jährlich 5000 Toten und 80.000 Schwerverletzte.
Insofern bleibt es weiterhin das zentrale Ziel, eine moderne Verkehrs- und Umweltpolitik zu entwickeln, die den Spagat zwischen gesellschaftlich notwendiger Mobilität und ihrer umweltverträglichen Gestaltung bewältigen kann. In den letzten Jahrzehnten wurden bereits einige Gesetze und Verordnungen erlassen, die beispielsweise umweltverträglichere Fahrzeuge und verminderte Schadstoffemissionen zum Ziel hatten. In diesem Rahmen sorgten finanzielle Anreize, wie zum Beispiel die Unterstützung der Nachrüstung von Rußpartikelfiltern, für eine schnelle Umsetzung der europäischen Vorgaben. Zu diesen neuen Maßnahmen der letzten Jahrzehnte gehört auch der "Masterplan Güteverkehr und Logistik" der Bundesregierung aus dem Jahre 2008, der damit explizit eine nachhaltige Verkehrspolitik verfolgt.
Im Jahre 2011 beschäftigte sich das Fraunhofer Institut ebenfalls mit dem Thema des nachhaltigen Verkehrs. Infolgedessen hat es eine Studie über Visionen für nachhaltigen Verkehr im Jahre 2050 entwickelt, die im Folgenden auch vorgestellt wird.
Der Masterplan Güterverkehr und Logistik
Der "Masterplan Güterverkehr und Logistik" aus dem Jahre 2008 soll als Schlüssel zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik dienen. Dies bedeutet, dass man zukünftig ein Verkehrssystem anstrebt, welches Mobilität, Wohlstand und Arbeitsplätze sichert und gleichzeitig in der Lage ist Umweltbelangen Rechnung zu tragen. Der Verkehr soll also zu mehr Lebensqualität beitragen und nicht zu einer Belastung für Mensch und Umwelt werden. Personen- und Güterverkehr sind eng miteinander verknüpft, da Personen wie Güter dieselben Wege nutzen. Daher nehmen Güterverkehr und Logistik eine Schlüsselposition bei der Ausgestaltung des Verkehrssystems insgesamt ein.Der Plan soll weiterhin die Spitzenposition Deutschlands in Güterverkehr und Logistik und Verkehrsinfrastruktur garantieren. Denn Deutschland verfügt über eine der modernsten Verkehrsinfrastrukturen weltweit mit einem dichten und leistungsfähigen Netz von Straßen, Schienen, Wasserstraßen, Häfen und Flughäfen. Um dies zu erreichen, müssen wirtschaftliche, soziale und ökologische Maßnahmen seitens der Politik und Wirtschaft getroffen werden. Der Verkehr muss neu gestaltet werden, damit die Mobilität beibehalten werden kann. Diese Neugestaltung des Verkehrs soll, laut der Bundesregierung nachhaltig erfolgen. Dies bedeutet, dass Verkehrspolitik vorrangig im Dienste der Menschen und der nachfolgenden Generationen steht. Deshalb sollte "auch in Zukunft Mobilität als Grundlage individueller Entfaltung und gesellschaftlichen Austauschs" (s.Masterplan Güterverkehr und Logistik) als auch als Grundlage unseres Wohlstandes möglich und erhalten bleiben.
Im Sinne der Nachhaltigkeit hat die Bundesregierung für die Verkehrspolitik einen dreifachen Maßstab entwickelt:
Ökonomischer Maßstab: "Verkehr soll dauerhaft zu Wohlstand, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft beitragen, ohne andere Flächennutzung übermäßig zu beeinträchtigen. Wettbewerb als Treiber von Qualität und Effizienz kommt hohes Gewicht zu."
Ökologischer Maßstab:"Verkehr ist so zu gestalten, dass die natürlichen Lebensgrundlagen und damit zugleich auch die Lebensqualität dieser und der kommenden Generation bewahrt werden."
Sozialer Maßstab: "Verkehr soll die Teilhabe aller am Öffentlichen Leben ermöglichen. Verkehrspolitik hat deshalb eine soziale Verantwortung: für bezahlbare Mobilität, für Sicherheit und Fairness im Verkehr und ebenso für gute Arbeitsbedingungen der im Transportgewerbe Beschäftigten."
Die konkreten Ziele des Masterplans lauten:
- Verkehrswege optimal nutzen und gleichzeitig den Verkehr effizient gestalten
- Güterverkehrswachstum vermeiden und verstärkte Investitionen in innovative Technologien fördern
- Mehr Verkehr auf Schiene und Binnenwasser verlegen
- Verstärkter Ausbau von Verkehrsachsen und -knoten
- Umwelt- und Klimafreundlichen Verkehr fördern
- Gute Arbeit und gute Ausbildung im Transportgewerbe investieren
Studie des Fraunhofer-Instituts: "Wirtschaftliche Aspekte nichttechnischer Maßnahmen zur Emissionsminderung im Verkehr"
Die Studie „Wirtschaftliche Aspekte nichttechnischer Maßnahmen zur Emissionsminderung im Verkehr“ wurde zwischen November 2009 und Juli 2012 vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI (Karlsruhe), der Infras AG (Zürich) und dem Institut für Energie- und Umweltforschung ifeu (Heidelberg) im Auftrag des Umweltbundesamts durchgeführt. Sie untersucht, wie die Emissionen des motorisierten Straßenverkehrs vermindert werden können. Denn Luftverunreinigungen können für den Menschen weitreichende gesundheitliche Folgen haben. Laut den Erkenntnissen der Studie, verursachen sie Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und der Atemwege, beeinträchtigen die Qualität von Ernten, vermindern die Artenvielfalt von Pflanzen und tragen zur globalen Erwärmung bei. Im Jahre 1990 wurden durch die Installation durch Katalysatoren und Abgasfiltern bereits große Fortschritte erzielt, wohingegen im Jahre 2005 die gültigen EU-Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub in verkehrsnahen städtischen Bereichen regelmäßig überschritten wurden.Ein weiterer Grund für die Erhebung der Studie sind die Lärmemissionen. Zufolge der Angaben der Europäischen Umweltagentur EEA leben in Deutschland 2,8 Millionen Menschen in Ballungsräumen und 1,5 Millionen außerhalb dieser Agglomerationen unter nächtlichen Lärmbelastungen über 50 Dezibel. Demzufolge reichen die Auswirkungen des Verkehrslärms von subjektiv empfundenen Störungen des täglichen Lebens bis hin zu statistisch messbaren Einflüssen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und das Lernverhalten von Kindern und Jugendlichen. Außerdem kann es zu Schlafstörungen und Hörbeeinträchtigungen kommen.
Einen genaueren Überblick verschaffen einem diese Daten: In Deutschland betragen die wirtschaftlichen Verluste durch Luftschadstoffemissionen des Verkehrs etwa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr, Klimagasemissionen verursachen wirtschaftliche Schäden von rund 12 Milliarden Euro. Schätzungen der jährlich vom Straßenverkehr verursachten Lärmkosten liegen bei 813 Millionen Euro im Personenverkehr und 456 Millionen Euro im Güterverkehr.
Das konkrete Fragestellung der Arbeitet lautet: Wie wirkt sich die jeweilige Maßnahme auf die Emissionsreduktion aus und welche privat- und gesamtwirtschaftlichen Folgeeffekte gehen damit einher? Damit leistet die Studie einen Beitrag zur Versachlichung der Debatte um die privatwirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen eines nachhaltigeren Verkehrsverhaltens von Personen und Unternehmen. Auserwählte Medien und Instrumente helfen bei der Darstellung der erreichten Umweltziele. Es wird untersucht, was die auserwählten Maßnahmen und deren Implementierung für die betroffenen Nutzer bedeuten und welche Auswirkungen auf gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Ebene im Sinne der Nachhaltigkeit zu erwarten sind.
Laut der Definition des Frauenhofer Instituts beschreibt der Begriff „Maßnahme“ "verkehrspolitische Vorgaben, die zur Senkung der Emissionen umgesetzt werden sollen. Die Maßnahmen beziehen sich auf zentrale Mobilitätskenngrößen wie Wegelängen, Kraftstoffverbrauch oder den Anteil eines Verkehrsträgers an den täglichen Wegen, jeder Maßnahme ist ein bestimmter Zielwert zugeordnet. Untersucht werden die Auswirkungen auf Nutzerkosten- und Zeitbudgets, Gesundheit, Sicherheit, volkswirtschaftliche Indikatoren und die externen Effekte des Verkehrs. "
- Fuss- und Radverkehr
Deshalb wird eine Steigerung des Anteils des Rad- und Fußverkehrs in Innenstädten um 10 Prozentpunkte angestrebt. Eine Steigerung von derzeitigen knapp 40 auf 50 Prozent bis 2030 hätte zahlreiche Auswirkungen auf unser Lebensumfeld im Bezug auf die Investitionen, auf die Gesamtwirtschaft und auf die Umwelt und Sicherheit.
Im Bezug auf die Nachhaltigkeit würde dies eine verbesserte Infrastruktur bedeuten. Das heißt eigenständige und schnelle Wege, beispielsweise entlang von Flussufern, eine Zerteilung von motorisiertem und nichtmotorisiertem Verkehr an Knoten und Konfliktpunkten, Vortrittsregeln, Verkehrsberuhigung, eine verbesserte Gestaltung der Fahrbahnen im Sinn getrennter Fahrstreifen und Kernfahrbahnen sowie der Gestaltung von Begegnungszonen und Umsteigepunkte an Bahnhöfen und Haltestellen. Wichtig sind flächendeckende Leitsysteme und ausreichende Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sowie attraktive Verleihsysteme. Dazu zählen ebenfalls Imagekampagnen zur Aufklärung der Bevölkerung und insbesondere der Arbeitgeber.
- ÖPVN
Möchte man nun die ÖPNV-Anteile um 10 Prozentpunkte innerhalb der kommenden 20 Jahre steigern, so muss auch ein entsprechendes Nachhaltigkeitskonzept entwickelt werden. Dieses Nachhaltigkeitskonzept sollte einen kundenfreundlichen ÖPNV beinhalten, was sich durch ein gut vernetztes Taktsystem im Zusammenspiel von S-Bahn, Straßenbahn und Bus auszeichnet, das mit hoher Pünktlichkeit und Servicequalität und mit attraktiven Fahrzeugen verkehrt. Dabei könnte beispielsweise ein moderner Marketingmix entwickelt werden, der einfaches Ticketing, Informationssysteme, Transportkettenmanagement, gegebenenfalls mit Integration von Car- und Bike-Sharing beinhaltet. Wichtige Bedingungen für ein erfolgreiches ÖPNV-System sind die Bevorzugung an Kreuzungen sowie attraktive Haltestellen und Zugänge.
- Kürzere Wege
Um kürzere Wege beispielsweise zwischen Wohn- und Arbeitsstätte zu absolvieren, und um damit nachhaltiger zu handeln, sollte dies mit entsprechenden Anreizen vonstatten gehen. Denkbar wären zum Beispiel:
- eine Anlastung der externen Kosten (mittels einer Pkw-Maut), was einen Anreiz für kürzere Fahrten schafft
- die Abschaffung der Eigenheimzulage und die Attraktivitätssteigerung der Innenstädte für Berufstätige und Familien
- attraktive Naherholungsgebiete, welche die entsprechenden Anreize bieten, die Freizeit in der näheren Umgebung zu verbringen
- die Vermeidung von Straßenausbauten in die Fläche, die den Siedlungsdruck weiter erhöhen sowie raumplanerischen Maßnahmen, die die Siedlungsentwicklung in schlecht mit dem ÖPNV erschlossenen Gebieten begrenzen.
- Effiziente Pkw
Damit als Neuwagen effiziente und nachhaltige Pkws angeschafft werden, können Vorschriften, preisliche Anreize und geeignete Infrastrukturen helfen. Außerdem kann eine stärkere Differenzierung der Kfz-Steuer nach Umweltkriterien (z.B.einem Bonus-Malus-System mit einem Rabatt für sehr sparsame Fahrzeuge) mit einem breit kommunizierten Labelling für Pkw verknüpft werden. Dazu zählen ebenfalls weitere Umweltabgaben (CO2- beziehungsweise Energiesteuer) oder die Einführung einer nach Umwelt- und Energiekriterien differenzierten Pkw-Maut. Höhere Besetzungsgrade lassen sich durch Mobilitätszentralen und betriebliches Mobilitätsmanagement in Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung erzielen, hier bietet sich eine Kooperation mit Carsharing-Anbietern an. Denkbar ist auch die Öffnung einzelner Fahrstreifen für gut ausgelastete Fahrzeuge
- Bahngüterverkehr
Um eine erfolgreiche Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene zu erzielen, müssen durch mehr Investitionen mehr Kapazitäten und eine bessere Qualität der Transportkette erzielt werden. Dies impliziert gezielte Netzausbauten sowie die Definition eines hochrangigen Netzes mit prioritärem Zugang und gleichzeitig moderaten Trassenpreisen. Betrachtet man den grenzüberschreitenden Verkehr, so ist die Verbesserung der Interoperabilität wichtig. Dafür sind sowohl ordnungspolitische Maßnahmen (zum Beispiel verbesserter Netzzugang für Dritte und Vorgaben für Interoperabilität) als auch weiterentwickelter Finanzierungsinstrumente, verbunden mit einer Querfinanzierung „Straße – Schiene“, zum Beispiel durch eine unterstützende Lkw-Maut von Nöten.
Dokumente
Masterplan Güterverkehr und Logistik, (PDF)BMU- Verkehr und Umwelt- Herausforderungen, (Broschüre)
Interne Links
- Deutsche Politik
- BMVBW: Verkehr, Bau und Bahn
- BMZ: Nachhaltigkeit im Straßenverkehr
- Nachhaltige Mobilität
- Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
- Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Energieeinsparungsverordnung
- EU Nachhaltigkeitsstrategie: Verkehr und Flächennutzung
- Carsharing
- Klimawandel und Klimaschutz
- Klima Roadmap 2050
Externe Links
Viele Informationen zum Thema Carsharing und nachhaltiger Mobilität erhalten Sie unter: http://carsharing-infos.com/verkehrsrundschau.de
Studie des Frauenhofer ISI
Verkehrsvision 2050-Nachhaltiger Verkehr
Institut für Nachhaltigkeit in Verkehr und Logistik
BMU