Aktives Aktionärstum: Engagement international stark verbreitet
a. Begriffserklärungb. Engagement international stark verbreitet
c. Erste Engagement-Ansätze in Deutschland
b. Engagement international stark verbreitet
In den angelsächsischen Ländern, Skandinavien, den Niederlanden, Belgien oder Frankreich ist Engagement sehr stark verbreitet. Insbesondere Pensionsfonds oder Universitätsstiftungen sind die Vorreiter. Sie machen ihre Engagement-Aktivitäten teilweise auch öffentlich. Manche verkaufen ihre Aktienanteile, falls mehrjährigere Dialoge aus ihrer Sicht nicht fruchteten.In den USA liegt der Schwerpunkt auf einer besseren Unternehmensführung (Corporate Governance) und sozialen Fragen. Experten erklären dies damit, dass die Sozialsysteme anders als in Europa nicht sehr ausgeprägt sind. Besonders öffentlichkeitswirksam tritt der kalifornische Pensionsfonds Calpers auf. So warnte er mit anderen Großanlegern die Autobauer General Motors (GM) und Ford 2005, Kapitalanteile zu entziehen, falls sie nicht Treibhausgasemissionen und Klimastrategien offen legten. Ford gab die Informationen prompt.
Vorreiter: Norwegischer Pensionsfonds treibt Unternehmen und Institutionelle an
Pionier in Europa ist der Staatliche Norwegische Pensionsfonds, der als aktiver Aktionär versucht, Unternehmen in direktem Dialog zu nachhaltigerem Wirtschaften zu bewegen. Kaum ein Unternehmen kann seine Stimme ignorieren, ist er doch mit mehr als 550 Mrd. Dollar (Ende 2012) verwalteten Vermögen der größte Pensionsfonds in Europa; er hält Beteiligungen von bis zu fünf Prozent. Er machte aber auch insbesondere von sich reden, weil er seit einigen Jahren auf Empfehlungen seines Ethikrates Beteiligungen an Unternehmen aus öko-sozialen Gründen veräußert und dies öffentlich bekannt gibt. Zuvor gab es jeweils auch intensiven Kontakt zu den Unternehmen. Finanziell sind weniger die Beschlüsse des Pensionsfonds schmerzhaft, als vielmehr der Schneeballeffekt: Mehrere skandinavische Institutionelle, darunter der Oslo Pension Fund, die große norwegische Versicherungsgruppe KLP (Kommunal Landspensjonkasse) und der schwedische Pensionsfonds Almänna Pensionsfonden (AP 2), folgten seinen Entscheidungen. Anfang 2007 benannten die vier schwedischen Pensionsfonds AP 1-4 einen gemeinsamen Ethikrat, der die rund 3500 Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, nach Umwelt- und Sozialstandards durchleuchtet. Inzwischen haben mehr als zwanzig große private Fondsanbieter die norwegischen Ethik-Richtlinien übernommen und ahmen derartige Entscheidungen nach, hieß es 2011 beim Wuppertal Institut. Die Leuchtturmfunktion der Norweger sei entscheidend. Mit dem öffentlichkeitswirksamen Vorgehen erzielen die Norweger eine breitere Wirkung auf Unternehmen, als Investoren, die im Stillen entscheiden.
Für das Engagement konzentriert sich der Norwegische Pensionsfonds neben vier klassischen Themen wie Aktionärseinfluss und Informationsrecht auf bestimmte öko-soziale Themen, wie etwa Klimaschutz, Rechte von Kindern und Wasser. Einerseits nutzt er aktiv seine Stimmrechte bei Hauptversammlungen (HV). Andererseits geht das CSR-Team seit 2007 direkt auf einzelne Unternehmen zu, es spricht diejenigen an, die „mit leeren Händen dastehen“, also keine entsprechenden Firmenpolitiken und –aktivitäten haben. Für jedes direkte Gespräch mit Unternehmen bereiten sich die Mitarbeiter sehr gut vor, wissen viel über die Branche, das Unternehmen und die jeweiligen „heißen“ Themen. Sie erklären den Vorstandsvorsitzenden von Unternehmen, vor allem in den USA, ihr Interesse als langfristiger Investor. Der Fonds fordert die Firmenlenker beispielsweise von Energie- und Transportkonzernen auf, Klimaschutz beim Management und ihrer Lobby-Arbeit zu aktuellen Umweltgesetzesvorhaben im US-Kongress zu berücksichtigen. Ein wichtiger Aspekt, denn diese wehren sich häufig gegen staatliche Regeln. Dem Klimawandel aber müsse durch ein globales System und einen globalen Preis für Emissionen begegnet werden, heißt es in Oslo. Der Pensionsfonds macht Firmen klar, dass ihr Lobbing gegen die Interessen der Investoren verstößt, wenn es eine globale Kontrolle von Treibhausgasemissionen blockiert.
Die Norweger stoßen angesichts ihres Einflusses auf offene Ohren und können, wie es heißt, jeden Konzernchef sprechen, den sie wollen. Sie bringen eigene Fachleute mit und manch Vorstandsvorsitzender kommt von sich aus zu einem weiteren Gespräch nach Oslo. Das sei der Beginn einer meist mehrjährigen Überzeugungs-, Informations- und Managementarbeit. Es seien nicht unbedingt sehr schnelle Ergebnisse zu erwarten, weil teils grundlegende Änderungen bei Strategie und Management nötig seien. Teils aber ernten die Norweger rasche Erfolge: Eine Bergbaugesellschaft unterzeichnete 2007 laut NBIM aufgrund des Dialogs die UN-Initiative Global Compact. Und der Vorstandschef eines großen US-Energieproduzenten hat das NBIM-Team aus eigenem Antrieb in Oslo besucht, um die Klimaschutzgesetzgebung seines Landes zu diskutieren. Namen der Unternehmen darf das NBIM nicht nennen. Das A und O direkter Dialoge ist Vertraulichkeit.
Auf die Frage, ob Großinvestoren die wichtigsten Treiber sind, um Unternehmen und Wirtschaft nachhaltiger zu machen, antworten Mitarbeiter des NBIM spontan mit „Nein.“ Gesetzliche Rahmenbedingungen seien die Triebkraft. Durch die ethischen Leitlinien hätte der Pensionsfonds allerdings die Verantwortung, die Wirtschaft in die richtige Richtung zu bewegen. Und Investoren könnten mit ihrem Geld hierzu etwas beisteuern.
Schweizer Pensionskassen längst aktiv
Darum befassen sich seit wenigen Jahren auch einzelne Stiftungen, einige kirchliche Organisationen und Vermögensverwalter im deutschsprachigen Raum mit Engagement. Am weitesten ist hier die Schweiz. Schon 1997 haben zwei Genfer Pensionskassen die Stiftung Ethos gegründet, unter anderem um ihre Interessen als Aktionäre zu vertreten. Inzwischen haben sich ihr 143 institutionelle Investoren angeschlossen (Dezember 2013). Die Stiftung ist Eigentümerin der Ethos Services. Diese Firma ist für die gesamte Anlagetätigkeit und Beratung verantwortlich und auf nachhaltige Anlagen spezialisiert. Ethos Services berät Anlagefonds und diskretionäre Vermögensverwaltungs-Mandate von zurzeit 2 Milliarden CHF (Dezember 2013), die mit einem SRI-Ansatz (Socially Responsible Investment) verwaltet werden. Sie nimmt die Stimmrechte wahr, bringt in Hauptversammlungen Empfehlungen ein und tritt in direkten Dialog mit Unternehmen. Damit hat sie schon bei einigen Schweizer Konzernen ein Umdenken erreicht. Sie ist auch international tätig.
Weltweite Engagement-Initiativen
Immer häufiger bündeln Großaktionäre ihre Kräfte, um auf speziellen Themengebieten von Unternehmen Informationsklarheit zu erlangen und Risiken zu minimieren. Beispiele dafür sind:
- Die weltweit größte Investoreninitiative nennt sich CDP (hervorgegangen aus dem: „Carbon Disclosure Project“): Sie vereint 722 Mitglieder mit sage und schreibe 87 Billionen Dollar verwaltetem Vermögen (Dezember 2013) – das sind den Angaben zufolge rund ein Drittel des weltweit investierten Kapitals. Das ist ein mächtiger Hebel – und immer mehr Unternehmen beugen sich diesem Druck. Sie fordert jährlich von den 4000 weltgrößten Konzernen, ihre Klimarisiken offen zu legen und Emissionen zu senken. Die Institutionellen wollen ihre Anlagerisiken und Chancen besser erkennen und prangern Konzerne an, die nicht antworten oder untätig sind. Top-Firmen kommen in den „Climate Leadership Index“.
- Im CDP Water Disclosure Program CDP Water Disclosure Program haben sich 530 institutionelle CDP-Teilnehmer mit einem addierten verwalteten Vermögen von 57 Billionen Dollar vereint und befragen seit 2010 die weltgrößten wassersensiblen Unternehmen zu ihren Risiken und wie sie sie managen.
- Im Juni 2012 fusionierte das CDP mit der 2008 gegründeten Initiative Forest Footprint Disclosure (FFD) Das seit Februar 2013 von CDP gemanagte Projekt vertritt 184 Investoren, die insgesamt mehr als 13 Billionen Dollar (Dez. 2013) verwalten. Sie stellen Unternehmen vieler Branchen zur Rede, um zu identifizieren, inwieweit sie und ihre Zulieferer zur Entwaldung beitragen und was das für ihre Investments bedeutet. Für den 2013 veröffentlichten Bericht waren mehr als 780 Unternehmen der weltweit größten Unternehmen aufgefordert, offen zu legen, wie sie das Problem managen – 139 antworteten.
- Die „UN Principles for Responsible Investment“, die „Prinzipien für Verantwortliches Investieren der Vereinten Nationen“, (UN PRI) sind die weltweit zweigrößte Investoreninitiative, entstanden in Partnerschaft mit der Finanzinitiative des UN-Umweltprogramms (UNEP FI) und dem UN Global Compact. Inzwischen haben sich mehr als 1200 Großinvestoren (Kapitaleigner und Vermögensverwalter) sowie Finanzdienstleister aus allen Kontinenten mit einem Gesamtkapital von mehr als 34 Billionen US-Dollar (Dezember 2013) dazu verpflichtet ESG-Aspekte in ihre Analysen und Portfoliomanagement integrieren und von Unternehmen in direktem Dialog (Engagement) den Schutz der Umwelt, die Einhaltung sozialer Standards und gute Unternehmensführung verlangen.
- Unter dem Dach der UN PRI hat sich die Sudan Engagement Group (SEG) gebildet, eine Gruppe von 22 Großinvestoren mit geschätzt 2,1 Billionen US-Dollar verwaltetem Vermögen. Sie führt seit 2008 aktive Dialoge mit im Sudan tätigen Unternehmen, um sie zu verantwortlicherem Verhalten zu bewegen.
- Investoren fordern Mitgliedschaft im UN Global Compact: Eine Gruppe von 34 institutionellen Investoren, die addiert rund 3,3 Billionen Dollar verwalten, haben im Frühjahr 2013 insgesamt 1900 Unternehmen aus 44 Ländern aufgefordert, der UN-Initiative Global Compact beizutreten und deren zehn Nachhaltigkeitsprinzipien einzuhalten. „Die Fähigkeit von Unternehmen, Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte zu identifizieren und zu managen, ist ein signifikanter Faktor für ihre finanziellen Leistungen geworden”, so der Aufruf. Transparenz und Offenlegung dazu zeige Investoren, dass sich Unternehmen dessen bewusst seien. Die Großanleger hatten nach dem Erdgipfel Rio+20 im Sommer 2012 angekündigt, sich dafür einzusetzen, dass sich Unternehmen weltweit stärker strategisch auf Nachhaltigkeit ausrichten. Die Investoren kommen aus Australien, Europa sowie Nord- und Südamerika und sind alle Unterzeichner der UN-Prinzipien für verantwortliches Investieren (UN PRI).
- Weitere Initiativen siehe unter Initiativen und Verbände.
- Nachhaltige Geldanlagen
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