Aachener Stiftung Kathy Beys

Mainstreaming: Messung

Mainstreaming: ESG Integration in Titelanalyse & Portfoliomanagement

a. Begriffserklärungen und Hintergründe
b. Argumente
c. Initiativen
d. Messung und Herausforderungen
e. ESG-Integration in der Praxis


d. Messung und Herausforderungen

Lassen sich Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte so in die Aktienanalyse integrieren, dass auch konventionelle Analysten etwas damit anfangen können? Die Messung und Integration ist nicht einfach, teilweise weil nachhaltige Aspekte schwierig oder erst über lange Zeiträume zu messen sind und weil konventionelle Analysesysteme pur auf Finanzkennzahlen ausgerichtet sind. Messung und Integration sind große und erst in Ansätzen angegangene Herausforderungen für Finanzwelt, Wirtschaft und Wissenschaft. Um zu erreichen, dass konventionelle Analysten und Investoren ESG gleichwohl beachten, gibt es verschiedene Ansätze und Kriterienkataloge.

  • Großanleger benötigen aussagekräftige Leistungsindikatoren zu Nachhaltigkeit, die kompatibel zu finanziellen Bewertungsansätzen sind. Darum hat die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse & Asset Management (DVFA) Schlüsselindikatoren (englisch „Key Performance Indicators“ - KPIs) für extra-finanzielle Leistungen entwickeln lassen. Sie sollen für Geschäfts-, Lage- und Nachhaltigkeitsberichte dienen und ein Schritt in Richtung zu einer Integration solcher Leistungsindikatoren in die Finanzanalyse sein. Die KPIs sollen insbesondere Risiken abbilden, denn für Investoren spielt das inhärente Risiko eines Investments eine extrem wichtige Rolle. Diese ESG-KPI wurden von der europäischen Vereinigung der Investmentprofis EFFAS bestätigt und übernommen. Überdies sind sie heute integraler Bestandteil des „Global Business Reporting Framework“ des World Business Reporting Network, einem Netzwerk, das 2007 unter anderem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Universitäten und öffentlichen Trägern wie dem japanischen Wirtschaftsministerium gegründet wurde.
  • Nachhaltige Schlüsselindikatoren (Sustainable Development-Key Performance Indicators, SD-KPI, hat auch der Münsteraner Wirtschaftswissenschaftler Axel Hesse sondiert. Er entwickelte zwischen 2004 bis 2010 ein Berichtskonzept auf Basis nachhaltiger Schlüsselkriterien. Für 68 Branchen gibt es je drei Kriterien als Mindestberichtsanforderung für ihre öko-sozialen Kernherausforderungen.
  • ESG-Finanzkennzahlen für den „Mainstream“ der Finanzwelt: 2011 hat der Londoner SRI-Analyst Patrick Berger hierzu einen Vorschlag unter dem Titel „The Halo's Creed“ veröffentlicht, als er noch für die Unicredit arbeitete. Er hat in eineinhalbjähriger Arbeit ein System entwickelt, um Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsaspekte über Finanzkennzahlen relativ einfach in traditionelle Aktienbewertungen, Titelauswahl und Portfoliokonstruktion einfließen zu lassen. Bisher laufen Finanzanalysen und Nachhaltigkeitsanalysen nebeneinander her. Dies gilt als ein erster Versuch, so genannte extra-finanzielle Kriterien durch finanzielle Kennzahlen in die Finanzanalyse aufzunehmen. Das Modell ist laut Experten bisher einzigartig und könne ein Anfang sein für die volle Integration von ESG-Aspekten, dem Ziel der UN-Prinzipien für verantwortliches Investieren (UN PRI). Um es für Investoren einfach zu halten, hat Berger drei Maßstäbe für Kosten, Wertschöpfung und Risiken entwickelt und beschränkt sich auf 13 relevante Schlüsselkriterien (KPIs). „Eine ESG-Analyse könnte Aktienbewertungen stark beeinflussen: von plus 22,8 Prozent bis minus 13,6 Prozent“, schätzte Berger.
Meist aber berücksichtigten Finanzanalysten noch nicht den Effekt, dass ESG-Kosten auf Gewinne und damit auf die Kurse drücken oder umgekehrt Einsparungen durch Umwelt- und Sozialleistungen die Gewinn- und Kursentwicklungen positiv beeinflussen können. Damit sie das tun können, stellt der Datenlieferant Bloomberg seit November 2011 in einem spezielles „Tool“ ein Aktienbewertungsmodell auf Basis der ESG-Finanzkennzahlen von Patrick Berger zur Verfügung, das mit ihm entwickelt wurde.

Zwar ist noch unklar, ob sich ein bestimmtes KPI-Modell durchsetzen wird. Doch es zeigt sich, dass der Trend zu mehr Nachhaltigkeit in Lage- und Geschäftsberichten und damit zu mehr Transparenz für Investoren unaufhaltsam ist.

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Schlagworte

Environment Social Governance (ESG), Management

Letzte Aktualisierung

12.11.2015 10:38

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