Aachener Stiftung Kathy Beys

Grüne Gentechnik

Einleitung

Das Thema der Grünen Gentechnik ist in Deutschland ein strittiges Thema. Einerseits wird Grüne Gentechnik als Möglichkeit betrachtet, beispielsweise Pflanzen zu züchten, die sich selbst gegen Schädlinge wehren, Dürrekatastrophen überleben und dazu beitragen, den Welthunger zu bekämpfen. Andererseits wird Grüne Gentechnik auch als Gefahr gesehen, da die in die die Ernährung eingreift, ohne dass der Verbraucher sich dagegen wehren kann. Außerdem kann es Monopole auf Pflanzen erzeugen, die nicht Privatbesitz eines Unternehmens sein dürften.

"Grüne Gentechnik" hat ihre Bezeichnung daher, da die Gentechnik hauptsächlich in der Landwirtschaft und im Lebensmittelbereich angewendet wird. Dabei züchten Biochemiker neue Pflanzenarten, indem sie einzelne Gene von verschiedenen Organismen auf Pflanzen übertragen. Durch diese Veränderung der natürlichen DNS sollen robustere Pflanzen entstehen, die widerstandsfähiger gegen Dürren oder Schädlingsbefall sind und höhere Ernteerträge erzielen. Die Hersteller von gentechnisch verändertem Saatgut (GM-Saatgut) versprechen, dass die neuartigen Pflanzen Hungersnöte durch Missernten und sich verändernde Klimabedingungen vermeiden und somit zu stabileren und profitableren Ernten beitragen. Jedoch sind die Verfahren und Ergebnisse solcher in der Landwirtschaft genutzten Techniken umstritten. Eine Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2009 besagt, dass 78 Prozent der Deutschen gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel sind und 85 Prozent ebenfalls die Verfütterung von gentechnisch manipulierten Pflanzen an Nutztiere ablehnen.

Der Anbau von Genpflanzen

Nach Angaben der Gentechnik-Lobbyorganisation ISAAA nutzten 2012 weltweit 31 verschiedene Länder genmanipulierte Pflanzen in der Landwirtschaft. Insgesamt kam die „grüne“ Gentechnik auf ca. 11% der weltweiten Ackerfläche zum Einsatz. Die USA sind mit 69,5 Millionen Hektar und einem Anteil von ca. 43% an der weltweiten GM-Anbaufläche deutlich Spitzenreiter beim Anbau von GM-Saatgut. Danach kommen Brasilien (36,6 Millionen Hektar; 22%), Argentinien (23,9 Millionen Hektar; 14%) und Indien (11,6 Millionen Hektar; 7%).

Auf Europas Äckern werden ebenfalls Genprodukte angebaut, jedoch entspricht die Fläche des europäischen Gen-Anbaus lediglich 0,06% der weltweiten GM-Anbaufläche. In der EU sind derzeit genmanipulierter Mais des amerikanischen Konzerns Monsanto (MON810) und die Gen-Kartoffel Amflora des deutschen Konzerns BASF zugelassen. Amflora wurde in Deutschland im Jahre 2011 auf ca. 2 Hektar angebaut, 2012 wurde der Anbau der Gen-Kartoffel eingestellt (Quelle: umweltinstitut.org).

Der Anbau von genmanipuliertem Mais ist derzeit in einigen EU-Länder verboten, darunter auch in Frankreich und Deutschland. Jedoch besteht ein solches Anbauverbot nicht in allen EU-Ländern, wodurch der Gen-Anbau beispielsweise in Spanien möglich ist (Quelle: biosicherheit.de).

Grüne Gentechnik in Europa

Obwohl es in Europa Anbauverbote gibt, können gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel aus anderen Ländern in den europäischen Markt eingeführt werden, wenn sie gekennzeichnet sind. Kennzeichnungspflichtig sind alle Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten, unabhängig davon, ob sich gentechnisch veränderte Bestandteile im Endprodukt nachweisen lassen oder nicht. Es gibt eine Ausnahme der Kennzeichnungspflicht, nämlich dann, wenn GVO Bestandteile den Schwellenwert von 0,9% nicht überschreiten und die Beimischung zufällig oder technisch unvermeidbar ist. Jedoch sind einige Lebensmittel, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Organismen erzeugt werden, von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Dazu gehören beispielsweise Fleisch, Milch und Eier (Quelle: bmelv.de).

Trotz der strengen Regulierung der „grünen“ Gentechnik in Europa gelangen besonders GM-Futtermittel auf den europäischen Markt. Genmanipuliertes Soja als Futtermittel wird häufig aus den USA und Argentinien eingeführt und hier zur Tierzucht verwendet. Auf diesem Wege erzeugte Produkte sind von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen, was zu Intransparenz für den Verbraucher führt. Darüber hinaus fehlen wichtige Regulierungen von GM-Produkten in vielen Ländern außerhalb der EU, so dass Verbraucher in anderen Region noch unzureichender über GM-Produkte informiert werden und teilweise keine Wahlmöglichkeiten haben.

Chancen und Risiken

Befürworter des gentechnisch manipulierten Saatguts sehen darin eine Antwort auf die weltweite Lebensmittelknappheit und die Instabilität der Landwirtschaft durch wechselnde Klimabedingungen. Die Fähigkeit, Saatgut genetisch zu manipulieren, ermögliche es, stärkere und widerstandsfähigere Pflanzen zu züchten, welche in der Natur beständiger sind als nicht manipulierte Pflanzen. Die Abhängigkeit vom Wetter und anderen externen Einflüssen wie Pilz- und Insektenbefall können so reduziert und Hungersnöte durch Missernten vermieden werden. Zusätzlich könne die Umweltbelastung durch den Einsatz von Pestiziden verringert werden, da GM-Pflanzen, wie im Falle von Bt, bereits resistent gegen diverse Schädlinge seien.
(Quelle: monsanto.com)

Eine aktuelle Studie der Georg-August Universität in Göttingen legt dar, dass GM-Saatgut in einigen Fällen positive wirtschaftliche Effekte für Kleinbauern in Indien hat. In der sechsjährigen Studie fand man heraus, dass Bauern in Indien unter Verwendung von genetisch verbesserter Bt Baumwolle ihre Ernteerträge um 24%, und ihren Gewinn sogar um 50% steigern konnten. Insofern eröffne GM-Saatgut vielen Kleinbauern aus Schwellen- und Entwicklungsländern einen Weg aus der Armut und sozio-ökonomische Aufstiegschancen. (Quelle: zeit.de)

Die möglichen gesundheitlichen Risiken und die negativen Auswirkungen für Umwelt und Natur beim Einsatz von „grüner“ Gentechnik unterstreichen die Gegner von GM-Saatgut. GM-Getreide und die damit produzierten Lebensmittel seien schädlich für die Gesundheit. Hier werden allergische Reaktionen oder die Übertragbarkeit von Genen genannt, welche zu Antibiotika-Resistenzen führen können. Die in der Gentechnik verwendeten Antibiotika-Marker können von den Darmbakterien aufgenommen werden, wodurch eine Antibiotika-Resistenz entstehen kann. Dies wird bedenklich, wenn solche Resistenzgene auf Krankheitserreger übertragen werden, da eine Antibiotikabehandlung beim Menschen somit wirkunglos wird.

Aktuell fehlen vor allem Langzeitstudien zu den Gesundheitsrisiken der genetisch veränderten Nahrungsmittel. Allerdings beunruhigen Tierversuche mit dem genetisch veränderten Mais von Monsanto. Hier wurden Leber- und Nierenschäden an Ratten festgestellt, die mit Mon 863 gefüttert wurden. Versuche mit anderen gentechnisch manipulierten Nahrungsmitteln sind teilweise tödlich für Tiere ausgegangen. Obwohl sich solche Testergebnisse ohnehin nicht auf den Menschen übertragen lassen, geben sie Grund zur Besorgnis und bestätigen die Unausgereiftheit der Technologie (Quelle: focus.de)


Weltmarkt "Grüne Gentechnik"

Ein Blick über den Tellerrand zeigt, dass sich viel Geld mit veränderten Genen verdienen lässt. Die großen Agrarkonzerne sichern sich die Patentrechte an ihren eigens kreierten GM-Produkten. Diese Patente gehen deutlich weiter als der klassische Sortenschutz, da sie neben dem Saatgut und der Pflanze auch deren Nachkommen und Ernteprodukte mit einschließen. Das bedeutet, dass der eigene Nachbau von GM-Produkten nur mit Genehmigung der Patentinhaber und Bezahlung der Nutzungsgebühren möglich ist. Somit können Bauern nach dem Einsatz der Agro-Gentechnik nicht mehr alleine über die Anbaumaßnahmen, den Einsatz von Spritz- und Düngemittel oder den Umgang mit Ernten entscheiden. Für die Landwirte erhöht sich somit die Abhängigkeit von einigen wenigen Agrarkonzernen. Die Trägerin des alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva, meint zu der Wirtschaftsweise von "Monsanto": "Der Konzern weiß, wenn er das Saatgut kontrolliert, kontrolliert er die Ernährung; das ist seine Strategie. Diese Strategie ist wirksamer als Bomben, wirksamer als Waffen - sie ist das beste Mittel, um die Völker der Welt zu kontrollieren."(Quelle: bund.net).

An der Spitze dieses Marktes steht beispielsweise der US-Konzern "Monsanto". Dieses Unternehmen liefert 90 Prozent des weltweit verkauften gentechnisch veränderten Saatguts für Mais, Weizen, Reis und Soja. Eine Milliarde US-Dollar Gewinn brachte die Biotechnologie dem Unternehmen im Jahr 2007.Der multinationale Konzern Monsanto steht jedoch häufig in der Kritik, unsicheres Saatgut oder hoch giftige Beiprodukte an Landwirte und Kleinbauern zu verkaufen. Zudem ist der amerikanischen Konzern wegen aggressiver Lobbyarbeit und starker Einflussnahme auf die Politik umstritten (Quelle: rp-online.de).

Außerdem lassen diverse Skandale im Bereich der Gentechnik zusätzlich zur Skepsis an den gentechnisch veränderten Pflanzen und den produzierenden Firmen wachsen. Daher werden Forderungen nach strengeren Kontrollen und Richtlinien im Bereich „grüne“ Gentechnik immer wieder gestellt.


Fehlende Transparenz

Nachweisbar ist der Eingriff ins pflanzliche Erbgut im fertigen Schnitzel nicht mehr. Auch ein Gesundheitsrisiko für den Verbraucher geht von den Produkten nicht aus. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA prüft die GVO auf Unbedenklichkeit, bevor sie nach Europa dürfen.

Für viele Verbraucher ist jedoch wichtig zu erfahren, ob sie mit ihrem Einkauf bewusst oder unbewusst die Wirtschaftsweise unterstützen möchten, die mit dem Anbau von GVO verbunden ist. "Der Konsument sollte eine bewusste Kaufentscheidung treffen können", fordert Andreas Winkler. "Will ich die Gentechnik mit allen damit verbundenen Aspekten unterstützen oder nicht?" Bereits jetzt sind etwa drei Viertel aller Verbraucher nach Umfragen unsicher beim Einkauf, viele ärgern sich über unklare Angaben auf der Verpackung.

Suchen Verbraucher Transparenz, können sie bislang auf Siegel wie "Ohne Gentechnik" ausweichen. Hier ist auch die Verwendung von GVO-haltigem Futter ausgeschlossen. Das gilt aber nur für einen bestimmten Zeitraum: Bei Schweinen dürfen Landwirte vier Monate bis zur Schlachtung keine GVO mehr verfüttern, bei der Milcherzeugung sind es drei Monate, bei Hühnern sechs Wochen vor dem Eierlegen. Zudem sind Zusätze wie Aminosäuren im Futter erlaubt, die mithilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wurden - ganz ohne Gentechnik geht es also fast nirgends. Der Erfolg des Siegels ist jedoch begrenzt, bislang nutzen es gut 130 Betriebe. Zum Vergleich: Etwa 30 000 Landwirte sind als "bio" zertifiziert. Sie verpflichten sich damit ebenfalls, auf Gentechnik im Futtermittel zu verzichten.



Dokumente

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) "Grüne Gentechnik", (PDF)
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) "Die Grüne Gentechnik. Ein Überblick", (PDF)


Interne Links

Externe Links

zeit.de
planet-wissen.de
sueddeutsche.de
biosicherheit.de
bmelv.de
umweltinstitut.org
monsanto.com
focus.de
bund.net

Schlagworte

Gentechnik

Letzte Aktualisierung

18.11.2015 09:52

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