Zauberscheiben der Nachhaltigkeit
Das Modell der "Zauberscheiben der Nachhaltigkeit" dient neben weiteren Modellen, wie dem "Nachhaltigkeitsdreieck" und dem "Drei Säulen Modell" zur Visualisierung der Inhalte von Nachhaltigkeit bzw. nachhaltiger Entwicklung. Es entstammt dem Förderprojekt "Angewandte Ökologie" der Landesanstalt für Umweltschutz in Baden- Württemberg unter der Leitung von Professor Hans Diefenbacher aus dem Jahre 1997.Das Modell der "Zauberscheiben der Nachhaltigkeit" teilt sich in die drei Bereiche Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft/Soziales auf, die hier als "Zauberscheiben" dargestellt werden. Der Bereich der Umwelt ist nach Dr. Jürgen Rochlitz, der 1998 den Abschlussbericht "Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingullgen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung" der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags verfasste, eine wichtige Komponente, um "eine ökologisch-soziale Langzeitökonomie zu Gunsten lebender und zukünftiger Generationen" (Störmer 1998, S.15) garantieren zu können. Dies spiegelt sich ebenfalls in dem Begriff "sustainable" wider, der von dem Sachverständigenrat für Umweltfragen als "dauerhaft-umweltgerecht" übersetzt wird. Demnach steht der ökologische Gesichtspunkt im Zusammenhang nachhaltiger Entwicklung, genau wie im "Gewichteten Säulenmodell" im Vordergrund, da die bisherigen ökonomischen und sozialen Entwicklung der letzten 100 bis 150 Jahre auf Kosten der Umwelt erfolgten. Die Bereiche Wirtschaft und Soziales bedingen sich ebenfalls gegenseitig, da die regionalen bzw. nationalen und globalen Auswirkungen von Wirtschaftstätigkeiten die Gesellschaft zu beeinflussen.
In dem Modell der "Zauberscheiben der Nachhaltigkeit" sind die "Zauberscheiben", als Zeichen ihrer gegenseitigen Abhängigkeit miteinander verbunden. Zusammen bilden sie eine Einheit, die eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen. Der Austausch zwischen den drei Bereichen basiert hauptsächlich auf den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen an die Ökosysteme durch unterschiedliche Wirtschaftshandlungen und Lebensstile.
Die Teilziele nachhaltiger Entwicklung
Wie man auf der Grafik erkennen kann, ist jeweils eine Scheibe in sechs verschiedene Teilziele unterteilt worden, die von den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen erfüllt werden sollen. Demzufolge untergliedert sich der Bereich der "Umwelt" in die Teilziele Luft, Energie, Biodiversität, Umweltschutz, Abfall und Ressourcen. Der Bereich "Wirtschaft" umfasst die Teilziele Arbeit, Regionalität, Wirtschaftsstruktur, Preis, Öffentlicher Haushalt und Konsum. Der zuletzt genannte Bereich "Gesellschaft/Soziales" teilt sich in die Teilziele Kultur, Siedlung, Mobilität, Sicherheit, Gesundheit und Vermögen auf.Die aufgelisteten Teilziele jedoch sind nicht qualitativ messbar oder klar eingrenzbar. Denn es geht dabei letztendlich nicht darum der Gesellschaft einen exakt numerischen Wert oder eine Deadline zur Erfüllung der Aufgaben zu setzen. Es geht vielmehr darum, im gemeinsamen Diskurs die konkreten Ausformulierungen der Teilziele hinsichtlich der nachhaltigen Entwicklung zu erörtern. Dies verdeutlicht, dass sich Nachhaltigkeit nicht als ein geschlossenes Konzept definieren lässt, sondern dass sich jenes Konzept in einem andauernden Wandel befindet.
Weiterentwicklung des Modells durch Eckhardt Störmer
Dr. Eckhard Störmer, der in seiner Dissertation nachhaltige Unternehmensführung erforschte, entwickelt die Idee in seiner Grafik weiter und definiert die zusammengehörigen Teilziele eines Bereichs als miteinander verbundene Zahnräder. Die Zahnräder haben infolgedessen die Möglichkeit, die Richtung und Geschwindigkeit der übergeordneten "Zauberscheibe" zu bestimmen. Überträgt man das Konzept auf die Praxis, so kann man folgendes Schema erkennen: Die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen stellen ihre Forderungen an die oben aufgelisteten Teilziele und beeinflussen mit ihrem Handeln die Drehrichtung und -Geschwindigkeit des einzelnen Zahnrades. Dies hat zur Folge,dass auf diese Weise das ganze System beeinflusst wird.In Konflikt gerät das Modell jedoch, sobald einzelne gesellschaftliche Gruppen unterschiedliche Ansprüche an die "Zauberscheiben" stellen. In diesem Fall greift die Politik als vierte Dimension der Nachhaltigkeit ein, die jedoch in dem Modell von Diefenbacher nicht explizit erwähnt wird. Sie ist für die die Eingriffsmöglichkeiten der Teilbereiche sowie der einzelnen Akteure und des Entwicklungsprozesses zuständig und soll des Weiteren die konkurrierenden Ansprüche der einzelnen Bereiche steuern.
Kritik
Ähnlich wie im Drei Säulen Modell, das zum "Gewichteten Säulenmodell" weiterentwickelt worden ist, stellt die Frage nach der Gewichtung der Zauberscheiben ebenfalls ein Problem dar. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Ökologie, der eine maßgebliche Grundlage für die nachhaltige Entwicklung darstellt. Demzufolge sollen die "Zauberscheiben der Nachhaltigkeit" eher eine starke Nachhaltigkeit darstellen, als eine schwache Nachhaltigkeit, bei der natürliche Ressourcen durch Human- oder Sachkapital ersetzt werden können.Auch die Autorinnen Dr.-Ing. Evelyn Gusted, Leiterin des Referats "Räumliche Planung, raumbezogene Politik" der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) und Frau Prof. Dr. Helga Kanning des Instituts für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover, weisen in ihrem Werk "Jahre später- Facetten der Nachhaltigkeitsvision und deren Umsetzungsproblematik" aus dem Jahre 1998 darauf hin, dass nachhaltige Entwicklung nicht durch einen harmonischen Dreiklang erreicht werden kann, sondern nur mit grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen.
Dokumente
Edmund A. Spindler- Geschichte der Nachhaltigkeit Vom Werden und Wirken eines beliebten Begriffes, (PDF)Eckhardt Störmer- Ökologieorientierte Unternehmensnetzwerke, (PDF)
Interne Links
Was ist Nachhaltigkeit?Modelle und Konzepte zur Nachhaltigkeit
Drei Säulen Modell
Nachhaltigkeitsdreieck
Kritische Beleuchtung der Drei Säulen Konzepte
Schutz des Menschen und der Umwelt: Ziele und Rahmenbedingungen
Externe Links
Professor Hans DiefenbacherGoethe Institut- Nachhaltigkeit
Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL)
Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover
Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz, Baden-Württemberg