Ausbeutung oder soziale Versäumnisse kratzen nicht nur am Image
Eine Selbstmordserie beim weltgrößten Elektronikteilehersteller Foxconn in Taiwan erschütterte 2010 die Gemüter. Verzweifelte Taten, ausgelöst durch unerträgliche Arbeitsbedingungen für Produkte von Weltkonzernen wie Hewlett-Packard, Dell, Motorola, Nokia oder Nintendo. Vor allem das Image der Marke Apple litt. Die Hersteller reagierten mit Ermittlungen, Foxconn erhöhte etwas die Löhne. Das Erfolgsrezept der Globalisierung, harte Arbeit in Niedriglohnländer zu verlagern, schien an Grenzen zu stoßen. Doch die Verhältnisse hätten sich kaum verbessert, kritisierte die Nichtregierungsorganisation Makeitfair Anfang 2011 in einem Bericht über Elektronikzulieferer. Ein Film von CNN Money online dokumentierte im Januar 2011 die harten Arbeitsbedingungen und Gesundheitsgefahren bei Foxconn, bei denen auch Kinder unter 14 Jahren zwölf Stunden täglich arbeiteten. Daran hat sich bis jetzt nicht geändert: 2013 gab es mehrere weitere Selbstmorde von Mitarbeitern dieses Zulieferers. Ermittlungen in zehn verschiedenen Apple-Fabriken in China haben laut der Organisation China Labor Watch im Juli 2013 ergeben, dass schädliche Arbeitsbedingungen in der Lieferkette weit verbreitet sind. Und dies trotz „Traum-Margen von rund 20 Prozent“, wie das Handelsblatt am 30.7.2013 berichtete.Sozial- und Umweltstandards von Konzernen sind laut Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oft unzureichend oder nicht durchgesetzt. Dominant bleibe der Billigpreisdruck auf Zulieferer - Ausbeutung sei die Folge. Derartige Risiken erfassen Researchagenturen für Nachhaltigkeit oder spezialisierte Datenbanken wie beispielsweise RepRisk aus Zürich, der Name steht für Reputationsrisiko. Laut ihren Angaben war etwa das Reputationsrisiko von Apple Anfang 2012 mit 65 Prozent außerordentlich hoch und ist es mit 58 Prozent im August 2013 immer noch. Seit 2006 NGOs berichten von miserablen Arbeitsbedingungen bei Zulieferern. Apple habe, so RepRisk infolgedessen schon einmal selbst zahlreiche Brüche von Arbeits- und Gesundheitsschutzstandards bei Zulieferern eingeräumt.
Auch bei europäischen Unternehmen hat zu hohe Arbeitsbelastung oder Druck von oben zu Selbsttötungen geführt. So musste Renault 2009 vor Gericht, weil ein Angestellter 2006 die Arbeitszustände nicht mehr aushielt – seine Frau hatte im Oktober 2009 Klage eingereicht. In einem Entwicklungszentrum des Herstellers hatte es 2006 und 2007 eine Selbstmordserie gegeben.
Auch bei France Telecom verursachten harte Arbeitsbedingungen 2008 und 2009 eine Selbstmordserie: Binnen 20 Monaten haben sich 25 Mitarbeiter das Leben genommen und einige haben in Abschiedsbriefen ihre Taten mit dem Stress am Arbeitsplatz und verschlechtertem Betriebsklima erklärt. Infolge der Suizidserie trat im Oktober 2009 der Vizechef des Konzerns zurück, auf Druck der Gewerkschaften und der französischen Regierung, und Zwangsversetzungen als Teil eines Restrukturierungsplans wurden ausgesetzt. Mitarbeiter reagierten mit Streiks gegen die Verschärfung der Arbeitsbedingungen bei dem Unternehmen, an dem der Staat zu rund 27 Prozent beteiligt ist. Die Regierung forderte den Konzern zum Dialog mit seinen Mitarbeitern auf. Der Aktienkurs des Konzerns fiel im Laufe des Jahres 2009 stark. Laut Kennern des Unternehmens ist der überhaus hohe Arbeitsdruck auch 2013 noch problematisch.
Es sind nicht immer drastische Fälle, die die Reputation eines Unternehmens gefährden. Auch Ausgrenzung und Diskriminierung kann dazu führen. So geriet 2010 das Schweizer Pharmaunternehmen Novartis in Konflikt mit der US-Justiz. Ein New Yorker Gericht hat es im Frühsommer 2010 wegen Benachteiligung weiblicher Vertriebsangestellten schuldig gesprochen. Die 3,3 Millionen Dollar Schadenersatz für die zwölf Klägerinnen ist ein verkraftbarer finanzieller Schaden für den Weltkonzern. Er sei es selbst, wenn die Kosten im Zuge einer Sammelklage auf eine Milliarde Dollar ansteigen könnten, hieß es damals. Der Reputationsschaden sei viel höher.
Risiken liegen auch in schleichenden Prozessen wie einer ungenügenden Personalentwicklung. So sei SAP sowohl mit Kunden als auch Mitarbeitern suboptimal umgegangen, sagten Analysten 2010, die Mitarbeitermotivation habe in den letzten Jahren stark gelitten. Letztere sei aber hochrelevant für die Entwicklung und den Unternehmenswert von Firmen, gerade in Dienstleistungsbranchen, bei denen ein großer Teil des Unternehmenswertes abhängig ist von der Qualität und der Motivation der Mitarbeiter.
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