Aachener Stiftung Kathy Beys

Erste Verwendungen von 'sustainable' im 20. Jh.

Begriffsentwicklung
Im 20. Jahrhundert beginnt der Begriff der Nachhaltigkeit eine weitere „Karriere“ außerhalb der forstwirtschaftlichen Verwendung. Sein Ursprung liegt dabei im englischen Adjektiv sustainable. Im Deutschen gibt es bis in die achtziger Jahre dazu keine einheitliche Übersetzung. Diese folgt erst ab Ende der achtziger Jahre durch Übersetzungen z.B. des Brundtlandreports.

Erste Verwendungen von sustainable finden sich 1974 in Texten der „Weltkonferenz über Wissenschaft und Technologie für eine menschliche Entwicklung“ des Weltrates der Kirchen in Bukarest. Dort wurde das Studienprogramm „Just, Participatory and Sustainable Society“ vorbereitet. Zu dieser Zeit wurde es mit „gerechte, partizipatorische und lebensfähige Gesellschaft“ ins Deutsche übersetzt. (*1)(*2)

Umweltbewegung
Für die Verwendung des Begriffs sustainable müssen in den Anfangsjahren zwei Entwicklungslinien für die englischsprachige Diskussion unterschieden werden(*3): Zum einen die Verwendung des forstlichen sustained yield (nachhaltiger Ertrag) durch Umweltbewegungen der sechziger Jahre, die den Begriff übernahmen und inhaltlich weiter ausbauten:
"The environmental groups sized upon the sustained yield idea and used it with great relish and with uncanny effectiveness as a weapon. ... For example, the `carrying capacity of Spaceship Earth´ was a common metaphor in the language of environmental politics, an easy extrapolation from the sustained yield idea". (*4)
Diese direkte Übernahme aus der forstwirtschaftlichen Begriffsverwendung konnte sich jedoch nicht durchsetzen.

Wachstumskritik
Die zweite Entwicklung vollzog sich im Rahmen der zunehmenden internationalen, politischen und volkswirtschaftlichen Diskussion seit den siebziger Jahren. Hier spielen insbesondere der Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome und der Brundlandt-Report der Vereinten Nationen eine wichtige Rolle (siehe Erste Verwendung durch die Vereinten Nationen).

Der Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ (im Original: Limits to growths) des Club of Rome aus dem Jahre 1972 gilt als einer der Meilensteine der Nachhaltigkeitsdiskussion. Seine Kritik am ungebremsten wirtschaftlichen Wachstum sollte die Diskussion um einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt und den wirtschaftlichen Problemen, die durch die Endlichkeit der natürlichen Rohstoffe entstehen, anstoßen. Im Bericht spricht der Autor Denis Meadows erstmals von einem wirtschaftlichen Weltsystem, das in sich selbst aufrechterhaltbar (sustainable) sein solle, um auch noch für zukünftige Generationen tragbar zu sein:
„We are searching for a model output that represents a world system that is: 1. sustainable without sudden and uncontrollable collapse; and 2. capable of satisfying the basic material requirements of all of its people“ (*5)

In der deutschen Übersetzung lautet die Passage wie folgt:
"Wir suchen nach einem Modellverhalten, das ein Weltsystem repräsentiert, das 1. aufrechterhaltbar ist ohne Tendenz zu plötzlichem unkontrolliertem Zusammenbruch und 2. die Kapazität besitzt, die materiellen Bedürfnisse der Weltbevölkerung zu befriedigen."(*6)

Die Übersetzung hält sich zu dieser Zeit noch an die übliche Herleitung von sustainable vom englischen Verb sustain mit "aufrechterhalten, etwas am Leben erhalten". Dies ist nicht verwunderlich, da die Verwendung in den englischen Originaltexten ebenfalls noch weit von einer einheitlichen Begriffsbildung entfernt ist.

Interne Links
Verweise
  • Döring, Hans-Joachim (2000): Sustainability und Ökumene. In: Briefe zur Orientierung im Konflikt Mensch. Erde 2000 (54), S.26–30. (*2, S.26)
  • Meadows, Dennis L.; Meadows, Donella H. (1972): Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt. (*5, S.158)
  • Meadows, Donella H. (1977, c1972): The limits to growth. A report for the Club of Rome's project on the predicament of mankind. 2. Aufl. New York: Universe Books. (*6, S.142)
  • Robra, Martin; Raiser, Konrad (1994): Ökumenische Sozialethik. Gütersloh: Kaiser; Güters­loher Verlagshaus. (*1, S.106)
  • Schanz, Heiner (1996): Forstliche Nachhaltigkeit. Sozialwissenschaftliche Analyse der Begriffsinhalte und -funktionen. Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss. 1. Aufl. Freiburg Breis­ gau: Inst. f. Forstökonomie (Schriften aus dem Institut für Forstökonomie der Universität Frei­burg, 4). (*3, S.32)(*4, S.32)

Schlagworte

Begriffsentwicklung, Brundtland-Report, Club of Rome, Definitionen, Wachstum

Letzte Aktualisierung

13.11.2015 11:25

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