Aachener Stiftung Kathy Beys

Overshoot

Einleitung
Begriff aus den Systemwissenschaften. Zum ersten Mal für Ökosysteme angewendet in Die Grenzen des Wachstums. Siehe auch Grenzen des Wachstums hier im Lexikon.

Wörtlich bedeutet "Overshoot" Grenzüberziehung. Unwissentlich oder unabsichtlich werden die Grenzen eines Systems überschritten und damit seine limitierte Tragfähigkeit, Belastbarkeit. So gerät das System unter Stress und sendet Warnsignale aus, die je nach Beachtung zu Korrektur oder Kollaps führen. Overshoot gibt es in allen Lebensbereichen: Ökonomie, Ökologie bis hin zum Privatleben.

Beispiele

Baufirmen bauen manchmal mehr Wohnungen als gebraucht werden. Wenn sie dann gezwungen sind, die Immobilien nicht kostendeckend zu verkaufen, droht ihnen vielleicht der Ruin.
Oft werden Fischereiflotten so stark ausgebaut, dass sie mehr fischen als Fische nachwachsen, diese können sich nicht mehr regenerieren und die Fischbestände werden dadurch vernichtet, die Fischereiflotten verlieren ihre Lebensgrundlage, die Fischwirtschaft kollabiert.
Wenn eine kalte Dusche zu schnell heiß gestellt wird, besteht die Gefahr, sich zu verbrühen, weil das heiße Wasser zu stark aufgedreht wird, da die Reaktionszeit des Warmwassersystems unterschätzt wird.
Wenn man eine Schraube anzieht, wird die Schraubverbindung fester. Überdreht man die Schraube aber, wird das Material überbeansprucht und bricht. Die Verbindung löst sich schlagartig. Der Volksmund sagt dazu: „Nach fest kommt lose“. Auch andere Redensweisen erinnern an den Overshoot: "Den Bogen überspannen" oder "zu weit gehen".

Overshoot hängt also immer mit Wachstum, Beschleunigung und Veränderungen zusammen. Hinzu kommen Barrieren, bzw. Grenzen und eine verzögerte Wahrnehmung der Situation. Auch die Grenzen selbst sind unterschiedlich. Es können die limitierte Größe eines Raumes, eine limitierte Zeitspanne oder physische, biologische, politische Eigenschaften eines Systems sein.

Viele alltägliche Grenzüberschreitungen sind harmlos, manche haben jedoch das Potential zur Katastrophe. Mit einem Heißwasserhahn umzugehen, haben wir gelernt, mit der verzögerten Abbaurate von Chemikalien gestaltet es sich da schon schwieriger. Die Geschichte der FCKW (Flour-Chlor-Kohlenwasserstoffe) ist ein Beipiel für gerade noch vermiedenen overshoot.
1974 gab es erste wissenschaftliche Hinweise über die verheerenden Auswirkung von FCKW auf die schützende Ozonschicht. 1978 wurde auf öffentlichen Druck hin in den Vereinigten Staaten als FCKW als Treibmittel in Sprühdosen verboten. Die Produktion ging jedoch weiter und damit die Freisetzung. Als man dann 1984 in der Antarktis eine besorgniserregende Ozonabnahme feststellte, wurden die Vereinten Nationen noch gerade rechtzeitig aktiv, um durch Produktionsverbote die Belastung in Grenzen zu halten. Trotzdem wird sich das System erst Mitte des 21. Jahrhunderts wieder auf das erträgliche Niveau von 1980 eingependelt haben.

D.h. Systeme regenerieren sich manchmal langsam, haben eine verzögerte Rückkopplung. So kommt es, dass oft der Moment, in dem man ein Problem zum ersten Mal wahrnimmt, mit dem identisch ist, wo es schon fast zu spät ist, etwas dagegen zu tun.

Der Klimawandel ist ein anderes Warnsignal des overshoot eines Systemes. Hier ist das System die Atmosphäre der Erde mit ihrer komplexen Physik und Chemie. Weil die Abbaurate von CO2 langsamer ist als die Zuwachsrate an CO2 in der Atmosphäre, nimmt die Menge in der Atmosphäre auch nach CO2 Reduktionsmaßnahmen nicht in gleichem Maße und nur sehr langsam ab. Wenn die Emissionen von CO2 in den Industrieländern bis 2050 um 80% sinken sollen, bedeutet dies, dass immer noch CO2 durch den Menschen in die Atmosphäre abgegeben wird.


Interne Links
Externe Links
World Overshoot Day
Zu Symptomen und Signalen des overshoot
Maßnahmen gegen den overshoot
Stock and Flow
Climate Change: Our Choices
Faktor X: Alessandro Galli - Nature's bank account

Schlagworte

Definitionen, Fußabdruck, Grenzen des Wachstums, Ökologischer Fußabdruck, Probleme, Sustainable Development

Letzte Aktualisierung

26.08.2015 13:36

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