Schweiz: Nachhaltigkeitsstrategie, 2002-2004
Vor dem anstehenden Weltgipfel 2002 in Johannesburg beschloss der Schweizer Bundesrat im Frühjahr 2002 eine Aktualisierung seiner Strategie von 1997 zur Nachhaltigen Entwicklung .Die neue Strategie stützt sich auf die Bestimmungen der neuen Bundesverfassung und will die Grundsätze der Nachhaltigen Entwicklung in möglichst viele Politikbereiche integrieren. Sie gibt die inhaltlichen und vorgehensbezogenen Rahmenbedingungen der bundesrätlichen Politik der Nachhaltigen Entwicklung der nächsten Jahre vor. Neben konzeptionellen Leitlinien enthält die Strategie in zehn Handlungsfeldern insgesamt 22 wirkungsorientierte Massnahmen.
Zu den 22 Maßnahmen liegen vertiefende Beschreibungen vor, die in einem technischen Anhang zur Strategie zusammengefasst sind. Dieser hat den Charakter eines informellen, verwaltungsinternen Dokumentes und dient lediglich der Information.
Sowohl die Erarbeitung wie die Umsetzung der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 ist in den 1993 geschaffenen Interdepartementalen Ausschuss Rio (IDARio) eingebettet. Die Federführung liegt beim Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), welches in der Verwaltungsreform des Jahres 2000 vom Bundesrat als Fachbehörde für die Nachhaltige Entwicklung bestimmt wurde.
Der erste Kurzbericht zum Stand der Umsetzung wurde vom IDARio am 28. November 2002 gutgeheissen. Er fasst die 22 Maßnahmen zusammen und gibt den Status quo der Umsetzung wieder.
Maßnahme | Status |
Handlungsfeld 1: Wirtschaftspolitik und Service public | |
Maßnahme 1: WTO (World Trade Organization) und Nachhaltige Entwicklung | Seit Beginn der Verhandlungen von Doha (November 2001) hat die Schweiz eine Reihe von schriftlichen Eingaben in den verschiedenen Verhandlungsgruppen (u. a. Industriegüter, Umwelt, Dienstleistung, Landwirtschaft) eingereicht. |
Maßnahme 2: Konzept für den Service public im Infrastrukturbereich | Für die Erarbeitung eines kohärenten Ordnungsrahmens wird ein Grundlagenbericht Service public erarbeitet. Die Arbeitsgruppe «Service public Bericht» hat sich konstituiert und wird im Januar 2003 ein erstes Mal zusammenkommen. |
Handlungsfeld 2: Finanzpolitik | |
Maßnahme 3: Fiskalische Anreize zur Ressourcenschonung | Die erste ursprünglich auf dieses Jahr geplante «Standortbestimmung des Bundesrates betreffend der Einführung einer CO2-Abgabe» wird erst im Verlaufe des Jahres 2003 erfolgen können. |
Maßnahme 4: Einführung einer Integrierten Produktepolitik | In den Teilbereichen Kompetenzzentrum für Ökobilanzen, Öffentliche Beschaffung und Landwirtschaft sind gewichtige Umsetzungsarbeiten in Arbeit; im Jahre 2003 werden bedeutsame Etappenziele erreicht werden. |
Handlungsfeld 3: Bildung, Forschung und Technologie | |
Maßnahme 5: Sensibilisierung der Bevölkerung über das Bildungswesen | Die Vorbereitungen für den Bildungskongress vom 28. und 29. November 2002 zum Thema Nachhaltige Entwicklung laufen plangemäss. Der Anlass soll eine Präzisierung der Ziele und Inhalte für die Bildung im Bereich Nachhaltige Entwicklung ermöglichen. |
Maßnahme 6: Förderung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Transitionsländern | Umsetzung und Projektplanung sind vor allem von der Verabschiedung der BFT-Botschaft 2004-2007 (Bildung, Forschung, Technologie) durch das Parlament (2003) abhängig. |
Handlungsfeld 4: Gesellschaftliche Kohäsion | |
Maßnahme 7: Abdecken neuer Armutsrisiken | Die parlamentarische Initiative 00.403 von Jacqueline Fehr (Anstoßfinanzierung für familienergänzende Kinderbetreuung) ist in der Herbstsession 2002 vom Parlament angenommen worden. Das Parlament bewilligte für die nächsten 4 Jahre einen Verpflichtungskredit von 200 Millionen, womit die Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung für die ersten 4 Jahre gesichert ist. |
Handlungsfeld 5: Gesundheit | |
Maßnahme 8: Nationales Programm «Gesundheit - Ernährung - Bewegung» | Dank einer Kooperationssitzung der beteiligten Ämter konnten die Zwischenziele für das Programm festgelegt werden. Diese beinhalten einerseits den Aufbau eines Netzwerks mit den wichtigsten Akteuren der Bundesverwaltung und der Zivilgesellschaft sowie andererseits die Vorbereitung einer großen nationalen Informationskampagne zwischen 2005 und 2007. |
Handlungsfeld 6: Umwelt und natürliche Ressourcen | |
Maßnahme 9: Weiterentwicklung der Energie- und Klimapolitik | Das Pilotprojekt zur Vision 2050 läuft und steht vor dem Abschluss. Zur Verstärkung der Energie- und Klimapolitik aufgrund des CO2-Gesetzes werden in verschiedenen Projekten neue Konzepte und Massnahmen entwickelt. Die verstärkte Umsetzung bestehender Massnahmen wird von EnergieSchweiz konsequent vorangetrieben. |
Maßnahme 10: Förderung von sauberen Fahrzeugen | Aus personellen Gründen konnte das Projekt im Jahre 2002 nicht gestartet werden. Der Start ist jedoch für 2003 vorgesehen. |
Maßnahme 11: Anreizstrategie für Natur und Landschaft | Die Anreizstrategie Natur- und Landschaft bedarf einer Teilrevision des Natur- und Heimatschutzgesetztes (NHG). Die Vernehmlassung über die Teilrevision des NHG ist eröffnet. Die Botschaft an die Räte ist für den Sommer 2003 geplant. |
Maßnahme 12: Stärkung des internationalen Umweltsystems | Am Globalen Umweltministertreffen (GMEF) in Cartagena (Februar 2002) gelang es, den internationalen politischen Prozess bzw. die Verhandlungen zur Stärkung der internationalen Umweltarchitektur (International Environmental Governance/ IEG) erfolgreich mit einem entsprechenden Beschluss des UNEP-Verwaltungsrates abzuschliessen. Die Schweiz war in den gesamten IEG-Prozesses sehr stark involviert. Dabei wurde u. a. beschlossen, das Sekretariat der Environment Management Group in Genf anzusiedeln. |
Handlungsfeld 7: Raum- und Siedlungsentwicklung | |
Maßnahme 13: Massnahmenprogramm «Nachhaltige Raumplanung» | Im Rahmen der Agglomerationspolitik des Bundes konnten in diesem Frühjahr 10 Modellvorhaben ausgewählt werden, die finanziell und technisch unterstützt werden. Anfang November 2002 wurde eine Analyse der bestehenden Probleme in der Abstimmung zwischen den Anliegen der Luftreinhaltung und der Raumplanung bei grossen publikumsintensiven Anlagen publiziert. |
Maßnahme 14: Neue Strategie Regionalpolitik | Der Bericht der Expertenkommission liegt Ende Januar 2003 vor. Gestützt darauf wird dem Bundesrat in der ersten Hälfte 2003 ein Aussprachepapier unterbreitet mit den Anträgen um Aufnahme des Projekts in die Legislaturplanung 2004 – 2007 sowie für die Ausarbeitung eines Vernehmlassungsberichts. |
Handlungsfeld 8: Mobilität | |
Maßnahme 15: Leitbild Nachhaltige Mobilität | Die Koordinationskonferenz Verkehr (KKV) hat eine Arbeitsgruppe der mitbeteiligten Ämter des UVEK für die Erarbeitung eines Leitbildes eingesetzt. Die Erarbeitung des Leitbildes ist für 2003 vorgesehen. |
Maßnahme 16: Stärkung des öffentlichen Verkehrs | Die Bauprojekte im Rahmen von Bahn 2000 1. Etappe werden z. Z. planmässig verwirklicht. Bei der Planung zur 2. Etappe werden gegenwärtig zusammen mit den Bahnen und Kantonen Angebotsvorstellungen erarbeitet. Die NEAT-Bauarbeiten an den beiden Basistunneln sind im Gange. Aufgrund des Bundesbeschlusses über die Finanzierung der Lärmsanierungen der Eisenbahnen laufen Bestrebungen für den Ersatz des Rollmaterials bis Ende 2009. |
Maßnahme 17: Neue Strassenverkehrssicherheitspolitik | Der Grundlagenbericht und das Konzept für das weitere Vorgehen sind veröffentlicht worden und haben eine öffentliche Diskussion ausgelöst. Der partizipative Prozess zur Formulierung der Strassenverkehrssicherheitspolitik ist in Vorbereitung. |
Handlungsfeld 9: Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung | |
Maßnahme 18: Mitwirkung bei der Formulierung und Umsetzung einer multilateralen Politik der Nachhaltigkeit | Die Schweiz setzte sich im Jahre 2002 in verschiedenen multilateralen Gremien (WSSD, OECD und UNEP) für eine Stärkung der Nachhaltigkeit ein. Im Rahmen ihrer Post-Doha-Strategie setzte sie sich zudem gezielt für die Anliegen der Entwicklungsländer ein. |
Maßnahme 19: Neue Formen der Entwicklungsfinanzierung | 2002 wurde eine verbesserte innenpolitische Abstützung für ein ausgebautes internationales „burden sharing“ erreicht. Zur Effizienzsteigerung der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit wird nun von der Schweiz im Entwicklungshilfeausschuss der OECD eine verstärkte Abstimmung der Geberpraktiken angestrebt. Zudem sollen vermehrt private Ressourcen für die Entwicklung mobilisiert werden. |
Maßnahme 20: Zivile Friedensförderung, Konfliktprävention und Wiederaufbau | Mit der Erarbeitung der Botschaft für ein neues Bundesgesetz für Massnahmen zur zivilen Friedensförderung und Stärkung der Menschenrechte sowie der Botschaft über einen Rahmenkredit für Massnahmen zur zivilen Konfliktbearbeitung und Menschenrechtsförderung hat der Bundesrat solide konzeptionelle Grundlagen für weitere Aktivitäten (2004-2007) geschaffen. |
Handlungsfeld 10: Methoden und Instrumente | |
Maßnahme 21: Monitoring Nachhaltige Entwicklung | Die Produktion von Indikatoren läuft und eine Skizze für die weitere Organisation und Finanzierung der Massnahme liegt seitens der mitbeteiligten Bundesstellen vor. |
Maßnahme 22: Nachhaltigkeitsbeurteilung | Gegenwärtig werden die Grundlagen für ein Forschungsprojekt erarbeitet. Ziel ist die vertiefte Abklärung verschiedener grundlegender Fragen. |
Neue Strategie
Ab dem September im Jahre 2014 wird die Nachhaltigkeitsstrategie für die Jahre 2016-2019 überarbeitet.
Auf der Internetseite des Bundesamt für Raumentwicklung heißt es: "Die vierte Strategie Nachhaltige Entwicklung (SNE) wurde im Rahmen der Legislaturplanung für die Jahre 2012-2015 verabschiedet. Sie ist ein wichtiger Beitrag der Schweiz im Hinblick auf die UNO-Konferenz für Nachhaltige Entwicklung(«Rio+20»), die im Juni 2012 in Brasilien stattgefunden hat.
Im Zentrum der Strategie steht ein erneuerter Aktionsplan. Dieser sieht eine Reihe von Massnahmen vor, die zehn Schlüsselherausforderungen für die Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz zugeordnet sind. Die Strategie zieht Bilanz über die Umsetzung der Politik der Nachhaltigen Entwicklung in den vergangenen 20 Jahren und greift - ganz im Sinne der Kontinuität - die in der Vorgängerversion definierten Leitlinien auf.
Im Hinblick auf die Realisierung der in der Strategie genannten Ziele werden ausserdem bereichsübergreifende Massnahmen skizziert, etwa ein Nachhaltigkeitsmonitoring, Nachhaltigkeitsbeurteilungen, die Förderung von lokalen Nachhaltigkeitsprozessen und -projekten sowie die Zusammenarbeit mit weiteren Akteurgruppen. Schliesslich enthält die Strategie auch institutionelle Bestimmungen zu ihrer Umsetzung.
Der Ende 2013 publizierte Zwischenbericht bilanziert die bisherige Umsetzung der Strategie, im Besonderen des Aktionsplans. Zudem beschreibt er die Ergebnisse der UNO-Konferenz für Nachhaltige Entwicklung von 2012 (Rio+20) und deren Implikationen für die Schweizer Nachhaltigkeitspolitik.
Ab September 2014 wird die Strategie Nachhaltige Entwicklung für die Jahre 2016-2019 überarbeitet. Sie soll im Januar 2016 im Rahmen der Legislaturplanung verabschiedet werden. Die Erneuerung der SNE soll in enger Zusammenarbeit mit Stakeholdern aus Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt erfolgen. Ziel ist, damit einen fundierten Aktionsplan und eine gut koordinierte und effiziente Umsetzung zu erreichen. Partnerschaften mit Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft sind dabei von wesentlicher Bedeutung. Im Rahmen eines Stakeholder-Dialogs sollen deshalb die Interessen, Perspektiven und Ziele der Stakeholder als Grundlage für die Formulierung der neuen Strategie integriert werden." (Quelle: Bundesamt für Raumentwicklung ARE
Interne Links
- Schweiz
- Schweiz: Indikatoren
- Schweiz: Lokale Agenda
- Schweiz: Nachhaltigkeitsstrategie, 1997-2001
- Schweiz: Nachhaltigkeitsstrategie, 2008-2011
- Schweiz: Nachhaltigkeitsstrategie, 2012-2015
- Schweiz: OECD-Bericht
Bundesamt für Raumentwicklung (ARE)
Strategie Nachhaltige Entwicklung 2008-2011 beim ARE
Bilanz und Empfehlungen (November 2002)
Bundesamt für Raumentwicklung ARE